Eric Rehbock warnt vor Kollaps und fordert politische Unterstützung
Die Bundesregierung will ein Aktionsprogramm mit kurzfristig realisierbaren Maßnahmen zur Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie verabschieden.
Jetzt hat ein Spitzengespräch mit Bundesumweltminister Carsten Schneider und wichtigen Verbänden in Berlin stattgefunden. Im Interview erläutert bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock seine Eindrücke und Prioritäten.
Wie bewerten Sie dieses Treffen?
Eric Rehbock: Der bvse hat intensiv an der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie mitgearbeitet. Das Thema liegt uns naturgemäß sehr am Herzen. Mit dem Ergebnis waren wir allerdings nicht zufrieden. Wir haben kritisiert, dass die NKWS zu unverbindlich und zu unkonkret geblieben ist. Insofern begrüßen wir ausdrücklich die Absicht der Bundesregierung, jetzt ein Aktionsprogramm mit konkreten Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Das Treffen in Berlin war wichtig. In einer konstruktiven Runde engagierter Verbandsvertreter haben wir einen interessierten und fokussierten Minister erlebt. Aus meiner Sicht war das insgesamt ein gutes Spitzengespräch.
Zu dem Spitzengespräch wurde ein Entwurf für ein Aktionsprogramm vorgestellt. Entspricht das den Vorstellungen des bvse?
Eric Rehbock: Es ist ein guter Aufschlag. Die zentralen Themen sind enthalten – darauf kommt es an. Wir dürfen dabei aber die aktuelle Lage in den einzelnen Recyclingbranchen nicht aus dem Blick verlieren.
Was fehlt im Aktionsprogramm?
Eric Rehbock: Zunächst müssen wir uns ehrlich anschauen, wo wir derzeit stehen. Im Kunststoffrecycling sehen wir eine extrem schwierige Situation: Unternehmen geben auf, Recyclingkapazitäten werden zurückgefahren. Diese Entwicklung müssen wir dringend stoppen.
Es muss endlich attraktiv sein, Kunststoffrezyklate einzusetzen. Deshalb fordern wir, dass § 21 des Verpackungsgesetzes so ausgestaltet wird, dass der Einsatz von Rezyklaten gezielt gefördert wird. Außerdem muss die Politik Wege finden, den illegalen Import falsch deklarierter Rezyklate zu unterbinden.
Auch das Textilrecycling steht vor dem Kollaps.
Eric Rehbock: Ja, das habe ich Bundesumweltminister Schneider sehr deutlich gesagt. Wir können nicht einfach abwarten, bis die Herstellerverantwortung eingeführt ist. Die Gefahr ist real, dass unser bewährtes Sammelsystem bis dahin nicht überlebt. Die Zahl der Insolvenzen nimmt im Textilbereich stetig zu. Wir brauchen jetzt eine tragfähige Strategie, um dieses System zu erhalten – nicht irgendwann, sondern sofort.
Denken Sie, dass die Politik das Problem erkannt hat?
Eric Rehbock: Daran arbeiten wir intensiv. Bundesumweltminister Schneider hat im Spitzengespräch die Dimension des Problems klar erkannt und gezielte Nachfragen gestellt. Er hat uns zugesagt, das Thema der Sammlung, Sortierung und Verwertung von Alttextilien unter Beibehaltung der seit Jahrzehnten bewährten Struktur, prioritär in das Aktionsprogramm aufzunehmen. Jetzt gilt es, gemeinsam dranzubleiben und Lösungen zu entwickeln.
Vielen Dank für das Gespräch.