Der bvse informiert den Mittelstand über Abfall, Sekundärrohstoffe, Recycling und Entsorgung.

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Verschiedenen Medien zufolge erwägt Remondis beim fünftgrößten Stromerzeuger STEAG Anteilseigner zu werden. Remondis solle Anteile von den beteiligten Stadtwerken erhalten, hieß es in den Berichten. Diese Entwicklung sieht der Recycling- und Entsorgerverband bvse mit großer Sorge, weil er negative Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation im Markt für die Müllverbrennung befürchtet.

Eigentümer des STEAG-Konzerns, der im vergangenen Jahr (2018) einen Umsatz von knapp 3 Milliarden Euro machte, sind bisher ausschließlich Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet (Dortmunder Stadtwerke AG, Stadtwerke Duisburg AG, Stadtwerke Bochum GmbH, Stadtwerke Essen AG, Energieversorgung Oberhausen AG, Stadtwerke Dinslaken GmbH), die über ein Konsortium (KSBG Kommunale Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG) als Gesellschafter der STEAG GmbH auftreten.

Beim bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. wird das Vorhaben von Remondis, STEAG-Anteile zur erwerben, deshalb „sehr kritisch“ beobachtet.

Schließlich betreibe Remondis bisher schon zahlreiche Gemeinschaftsunternehmen und geschäftliche Verflechtungen mit jenen Städten, die über die KSBG Kommunale Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG, Essen (KSBG) Eigentümer der STEAG sind (z. B. WBO Oberhausen, GMVA Duisburg Oberhausen, SBD Servicebetriebe Duisburg GmbH, EBE Essener Entsorgungsbetriebe, MVA Hagen und Hamm).

Auch die STEAG selber ist in der Entsorgungsbranche aktiv. Der Konzern betreibt im Großraum Berlin das Industriekraftwerk Rüdersdorf und die Thermische Abfallbehandlung Lauta, die vor allem Siedlungsabfälle als Brennstoff einsetzen.

Das Unternehmen bezeichnet sich selber als Spezialist in der Erzeugung von Strom und Wärme auf Basis anspruchsvoller Brennstoffe und Technologien. Dieses Know-how will der Konzern künftig verstärkt im Bereich der Abfallverbrennung nutzen. Als Betreiber eigener Anlagen plant das Tochterunternehmen STEAG Waste to Energy deshalb, den Anteil erneuerbarer Energien in der Strom- und Wärmeproduktion im Konzern-Portfolio auszubauen.

Remondis wiederum verfügt bereits über eine Vielzahl von Müllverbrennungsanlagen, Beteiligungen oder Kontingentverträge in Müllverbrennungsanlagen oder Kraftwerken. Der Entsorgungskonzern ist der zweitgrößte thermische Verwerter in Deutschland und hat bundesweit eine marktbeherrschende Stellung in diesem Segment, da das Unternehmen bei einer kapazitätsbezogenen Marktbetrachtung tatsächlich Zugriff auf rund 40 % der für private Entsorgungsunternehmen zugänglichen Anlagenkapazitäten haben dürfte, wie Prof. Dr. Justus Haucap in einem Gutachten erläutert.

"Wir befürchten außerdem, wenn die öffentlich gewordenen Pläne realisiert werden, dass sich dieses neu geschaffene Netzwerk durch ein koordiniertes Marktverhalten weitere erhebliche Wettbewerbsvorteile verschaffen wird", so Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer des bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung.

Schon im vom bvse beauftragten Gutachten von Prof. Dr. Justus Haucap zu den wettbewerbsökonomischen Auswirkungen der DSD Übernahme durch Remondis wird auf diese Problematik vertieft eingegangen. So weist Haucap darauf hin, dass Remondis auf dem Verbrennungsmarkt mit zahlreichen PPP-Beteiligungen kommunal vernetzt ist. Die Kosten kommunaler Anlagen würden im Wesentlichen durch die Abfallgebührenzahler getragen, weshalb Remondis – im Vergleich zu herrschenden Marktbedingungen – über vergleichsweise günstige Verbrennungskapazitäten verfüge.

Hieraus ließe sich nach Darstellung des bvse ein erheblicher Wettbewerbsvorteil generieren. In der Entsorgungsbranche stelle alleine schon die Verfügungsgewalt über Verbrennungskapazitäten einen erheblichen Trumpf dar. Die Verbrennungskapazitäten sind deutschlandweit knapp und begehrt und die Verbrennungskosten steigen dementsprechend kontinuierlich.

Das Bundeskartellamt hat in seinem Beschluss vom 12. Dezember 2018 zur Übernahme von Helene Müntefering-Gockeln durch Remondis ähnlich argumentiert. Die Wettbewerbshüter führten aus, dass Remondis über einen ganz erheblichen Teil der Verbrennungskapazitäten für Gewerbeabfälle verfüge. Weiter hieß es, dass die Akquise von Abfallmengen aus dem Ausland die Möglichkeit biete, die Kapazitäten der Anlagen jedenfalls in Zeiten ohnehin hoher Verbrennungsmengen an ihre Grenzen zu führen. Dadurch könnten Probleme für Wettbewerber bei der Absteuerung der von ihnen erfassten Mengen entstehen, denen Remondis nicht ausgesetzt sei.

Die sich dadurch ergebene Überlegenheit könnte durch Remondis ausgenutzt werden, um durch die Gestaltung der Verbrennungspreise Einfluss auf das Wettbewerbsgeschehen zu nehmen und Wettbewerber zu schädigen oder gar aus dem Markt zu drängen, befürchtet der bvse.

Eric Rehbock: "Wir sehen deshalb mit großer Sorge, wie hinter verschlossenen Türen über den Verkauf öffentlicher Beteiligungen verhandelt wird. Wegen der beträchtlichen Marktmacht von Remondis im Bereich der Müllverbrennungsanlagen stellt sich durchaus auch die Frage, ob Remondis kartellrechtlich überhaupt in der Lage ist, eine Beteiligung an der STEAG zu erwerben."

Der bvse verweist darauf, dass der Anteilserwerb aufgrund der hohen Umsätze bei der EU-Kommission wohl anmeldepflichtig wäre. Daher sei es durchaus denkbar, dass auch hier, wie im Fall Remondis/DSD, eine Zurückverweisung an das Bundeskartellamt zur nationalen Prüfung erfolgen würde.

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