Jahresrückblick Schrottmarkt 2021
Mit einer kräftigen Produktionssteigerung von 12,4 Prozent auf knapp 40,1 Mio. Tonnen Rohstahl schlossen die deutschen Stahlwerke das Jahr 2021 auf einem erfreulich hohen Produktionsniveau ab.
Die Elektrostahlwerke erzeugten mit 12,1 Mio. Tonnen knapp fünf Prozent mehr als 2020, während die integrierten Hüttenwerke ihre Produktion sogar um 16 Prozent steigern konnten. Zwar konnten mit dieser Produktionserhöhung die Verluste aus den Jahren 2018 – 2020 nicht ausgeglichen werden, dennoch ist die Erholung mehr als erfreulich. Außerdem zeigt der umfangreiche Schutz gegenüber ausländischen Konkurrenten Wirkung, den die EU der europäischen Stahlindustrie gewährt.
Die Eisen-, Stahl- und Tempergießereien haben ihren Aus-stoß sogar um 17,1 Prozent auf 4,17 Mio. Tonnen verbessern können. Die Schrottwirtschaft zeigte sich während des gesamten Jahresverlaufs mit der Schrottnachfrage der Gießereien sehr zufrieden. Die für die Automobilindustrie produzierenden Gießereien leiden immer noch unter den Folgen der Lieferkettenunterbrechungen bei ihren Auftraggebern, da die Abrufe nach wie vor verzögert erfolgen und auch Stornierungen akzep-tiert werden müssen. Die für den Maschinen- und Anlagenbau sowie die Windkraftindustrie produzierenden Gießereien waren deutlich besser ausgelastet.
Schrottmengenentwicklung
Der bvse schätzt den gesamten Schrottverbrauch des Jahres 2021 der deutschen Stahl- und Gießereiindust-rie auf 22,305 Mio. Tonnen, was einer Steigerung gegenüber 2020 in Höhe von 12,9 Prozent entspricht.
Der geschätzte Zukauf der Stahlwerke erhöhte sich um 12,7 Prozent auf 14,145 Mio. Tonnen und der der Gieße-reien sogar um 15,4 Prozent auf 2,63 Mio. Tonnen.
Der berechnete Versand aus dem Inlandsaufkommen ist um 5,3 Prozent gestiegen. Er ist auf den deutlich erhöhten Schrottimport zurückzuführen. Die Schrottexport-mengen blieben dagegen weitgehend unverändert.
Während die Flachstahlproduktion der Oxygenstahlwerke eine 16-prozentige Steigerung gegenüber dem Vorjahr aufweist, lag die Produktionserhöhung bei den Elek-trostahlwerken bei lediglich 4,8 Prozent, zudem sank der Anteil der EAF-Produktion an der deutschen Rohstahlproduktion von 32,3 Prozent im Jahr 2020 auf nur noch 30,2 Prozent im vergangenen Jahr.
Die Auslastung der Elektrostahlwerke, den wichtigsten Schrottabnehmern des Handels, war in mehreren Mona-ten gegenüber den Vergleichsmonaten des Vorjahres rückläufig. Der Grund war die am Jahresbeginn nur langsam anlaufende Nachfrage nach Baustahlqualitäten, die im Juni ihren Höhepunkt erreichte.
Wie in den Ferienmonaten Juli bis August üblich, flachte der Ausstoß der Elektrostahlhersteller vor allem wegen War-tungsarbeiten ab. Ab September zog zwar die Produktion kontinuierlich, aber gegenüber dem Vorjahr abgeschwächt an.
Der Stillstand eines großen und für den Schrottverbrauch wichtigen EAF-Herstellers wegen Modernisierungsarbeiten im Dezember und Januar belasteten den Ausstoß. Auf die enorm angestiegenen Strom- und Energiepreisen, von denen einige Hersteller ab dem 3. Quartal 2021 böse überrascht wurden, reagierten diese mit einer gedrosselten Produktion, indem sie zu stromtarifgünstige Zeiten am Wochenende oder nachts den Rohstahl erzeugten. Die Schrottwirtschaft war nicht zuletzt wegen der höheren Schrottnachfrage mit dem Wirtschaftsjahr 2021 sehr zufrieden, wenn auch einige externe Faktoren die Kontinuität der wirtschaftlichen Entwicklung beeinträchtigt haben.
Preisentwicklung
Grafik 1 zeigt, dass der Preisbildung im Schrottmarkt eine gewisse Turbulenz nicht abzusprechen war. Ein Auf und Ab der Preise, das hauptsächlich vom Einkaufsverhalten des weltgrößten Schrottimporteurs Türkei bestimmt wurde, führte letztendlich zu einer jeweils durchschnittlichen Preiserhöhung für die Sorte 2 von 81,1 Prozent, für Shredderschrott von 69,8 Prozent und für Altschrott der Sorte 1 von 65,8 Prozent jeweils bezogen auf das Vorjahr.
Das gesamte vergangene Jahr war geprägt von einem Nachfrageüberhang bei den Neuschrotten, weil der Schrottentfall nach den Turbulenzen des Lockdowns im Jahr 2020 und dem anschließenden steigenden Be-darf aufgrund der konjunkturellen Erholung kaum mithalten konnte.
So wirkte vor allem die als Motor der deutschen Wirtschaft geltende Automobilindustrie eher wie eine Bremse. Gerade die Automobilproduktion litt unter einem Mangel an elektronischen Halbleitern und Bauteilen aufgrund von während der Pandemie zer-störten oder unterbrochenen Lieferketten. Die mangelnde Verfügbarkeit von Vor- und Zwischenprodukten führte zu einem Einbruch der Produktionszahlen, die mit 3,1 Mio. Pkw um 12 Prozent unter dem des bereits schwachen Coronajahres 2020 lagen und laut Angaben des VDA (Verband der Automobilindustrie) auf das niedrigste Produktionsniveau seit 1975 fielen.
Ersatz zu beschaffen, erwies sich gerade bei den elektroni-schen Bauteilen als eine auch im ersten Halbjahr 2022 noch nicht vollständig bewältigte Herausforderung. Der Handel schätzte noch im Juli 2021 den Schrottentfall bei der Automobilindustrie um 40 bis 50 Prozent niedriger ein als in dem bereits schwachen Vorjahr. Auch andere Industrieproduktionen litten unter den Folgen der Pandemie, wodurch das Neuschrottaufkommen deutlich schwächer und als Folge die Preisen angespannter waren als erwartet. Das Altschrottaufkommen erwies sich als deutlich robuster.
Einen starken Einfluss auf die Preisbildung hatte, wie oben erwähnt, während des gesamten Jahres 2021 das türkische Schrotteinkaufsverhalten.
Unter anderem verursachte das übliche geschickte Taktieren beim Zukauf in den Beschaffungszentren Europas, der USA und den GUS-Ländern deutliche Preisausschläge. Im Dezember 2020 reagierten die deutschen Schrottverbraucher etwas panisch, da ihnen der deutlich erhöhte Zukauf der türkischen Wettbewerber in Europa, der bereits im Oktober eingesetzt hatte, wohl nicht bewusst gewesen war. Die europäische Stahlnachfrage hatte im November und Dezember spürbar angezogen.
Die türkischen Mitbewerber um den Schrott hatten ihre Einkaufspreise in den entsprechenden Monaten bereits schrittweise um US-$178 pro Tonne FOB Rotterdam erhöht, worauf die hiesigen Verbraucher erst im De-zember reagierten und ihre Schrotteinkaufspreise zur Bedarfsdeckung im Dezember 2020 und im Januar 2021 um insgesamt rund €120 - €135 pro Tonne anhoben.
Bereits in der 2. Januarwoche 2021 beendete die türkische Seite ihre Preisoffensive, woraufhin die europäischen Verbraucher bemüht waren, die Preisspitzen im Februar abzubauen und die Preise je nach Sorte um €25 bis €40 pro Tonne senkten. Der hohe Schrottbedarf der Verbraucher, der sich in den Quartalsproduktionszahlen der Rohstahlproduktion (vgl. Tabelle 2) widerspiegelt, führte bereits im März zu einem erneuten Preisaufschlag.
Die hohen Preise verbesserten zwar nicht den konjunkturabhängigen Neuschrottentfall, aber der Zulauf an Altschrotten nahm im Frühjahr an Fahrt auf und das Aufkommen aus Abbrüchen bewegte sich auf einem hohen Niveau. Gleichzeitig räumte der Schrotthandel seine Läger, zumal die Verbraucher wegen der nicht wettbewerbsfähigen Preise der konkurrierenden Rohstoffe HBI und Roheisen den Schrotteinsatz verstärkten.
Außerdem erhöhten die Oxygenstahlwerke ihren Schrotteinsatz aus Umweltschutzgründen. Das Einkaufsverhalten der türkischen Verbraucher veränderte sich aus technischen und ökologischen Gründen ebenfalls. Sie kauften nur noch Ladungen, die neben den leichteren immer auch bessere Schrottqualitäten enthielten. Die übliche Preisschere zwischen der Standardsorte HMS 1/2 (80:20) sowie Shredder- oder Bonusschrott erhöhte sich von US-$5 auf US-$15 – 20 pro Tonne.
Mangelnde Absteuerungsmöglichkeiten der leichten Scherenschrottqualitäten ließen im Juli und August die Preise zwischen den Neu- und Altschrottsorten noch stärker als bis dato auseinanderdriften.
Die auffällig zunehmend verhaltene Schrottnachfrage der türkischen Werke im Tiefseemarkt nutzten die heimischen Werke für Preisreduzierungen. Für die europäischen Exporteure kam erschwerend hinzu, dass das Preis-niveau im Inland deutlich über dem des Exports lag und für sie somit Tiefseeverkäufe in Richtung Türkei zunehmend uninteressanter wurden. Wer im September mit der üblichen Herbstbelebung des Schrottmarktes gerechnet hatte, wurde enttäuscht. Statt der erwarteten Preiserhöhungen konnten die Werke weitere Reduzierungen durchsetzen.
Ab Oktober wurde das Marktgeschehen turbulenter. Viele Verbraucher hatten in den Vormonaten mehr Schrott gekauft, als sie tatsächlich verbraucht hatten, sodass sie sich im Oktober häufig auf die Auslieferung von Altverträgen stützten und es an neuen Abschlüssen mangelte.
Die Angebotspreise erreichten erneut das Juliniveau und die „Durststrecke“ schien für den Schrott beendet zu sein. Obwohl einige Marktteilnehmer – wie oben erwähnt – schon im Oktober auf die explodierenden Strom- und Energiekosten mit Produktionsan-passungen reagierten, stieg der Schrottbedarf der europäischen Werke insgesamt und die Verteilung der knappen Mengen erfolgte über den Preis. Die Exporteure gerieten etwas ins Hintertreffen, da die türkische Seite die Tiefseenotierungen im Oktober schrittweise zurücknehmen konnte (vgl. hierzu Grafik 2).
Die Verbraucher im In- und Ausland hatten zwar im Oktober einen geringen Bedarf signalisiert, nach den ersten Verkaufsgesprächen im November stellte sich jedoch schnell heraus, dass der Bedarf gegenüber Ok-tober kaum geringer war und sogar die Schrottnachgefrage im Dezember noch erfreulich hoch war. Die inländischen Schrottpreise blieben im letzten Monat des Jahres 2021 weitgehend stabil, zumal es den türkischen Verbrauchern gleichzeitig gelang, mehr Schrott zu günstigeren Konditionen zu beschaffen. Dies änderte sich ab dem 20.12.2021.
Die unverändert erfolgreiche Preispolitik der türkischen Stahlhersteller lässt sich an den erzielten Margen gemäß Grafik 3 ablesen.
Die Stahlverkaufspreise sind im vergangenen Jahr noch stärker gestiegen als die Schrottpreise. Die Stahlproduktion hielt mit der Nachfrage jedoch nicht Schritt und die Stahlverbraucher beklagten eine zum Teil nicht ausreichende Versorgung mit Stahl. Sie versuchten sich, insbesondere bei dem deutlichen Nachfrageüberhang im Frühjahr, mit Importmengen einzudecken. Doch auch hier waren, genau wie bei den inländischen Anbietern, lange Lieferzeiten ein Thema, denn die EU-Importquoten erwiesen sich als wirksamer Schutz der europäischen Stahlindustrie vor günstigen ausländischen Angeboten.
Die Quartalsquoten waren immer sehr schnell ausgeschöpft, wodurch viele Kunden trotz langer Wartezeiten und hoher Preise auf die Belieferung durch europäische Hersteller zurückgriffen. Die Stahlindustrie konnte im Laufe des Jahres ein komfortables Auftragspolster aufbauen, allerdings gab es Probleme mit Abrufen von bestellten Mengen vor allem im Flach-stahlbereich.
Das oben bereits beschriebene mehr als stockende Anlaufen der Automobilproduktion hat zu verzögerten Abrufen der bestellten Mengen geführt, selbst Stornierungen mussten die Stahlhersteller hin-nehmen.
Einen konjunkturellen Dämpfer verursachten vor allem bei der energieintensiven Stahlproduktion die starken Energiekostenerhöhungen. Seit dem 3. Quartal 2021 verteuerte sich der Industriestrom von €51/MWh am Jahresanfang auf €282 /MWh am Jahresende. Der ein oder andere Marktteilnehmer, der keine Absicherung des Einkaufs vorgenommen hatte, wurde kalt erwischt und die Hersteller begannen die Kosten auf den Ver-kaufspreis umzulegen oder entschieden sich für Produktionsanpassungen.
Experten gehen davon aus, dass die Konjunktur insgesamt durch Materialmangel und Lieferengpässe bei der Versorgung mit Vorprodukten und Rohstoffen ausgebremst wurde. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im vergangenen Jahr zwar um 2,7 Prozent gestiegen, es konnte damit jedoch nicht den 4,7-prozentigen Rückgang des Jahres 2020 ausgleichen. Das Jahr 2022 ist ebenfalls wenig vielversprechend angelaufen. Die Stahlkonjunktur hatte sich zwar besser entwickelt, aber der Krieg in der Ukraine und die Null-Zero-CO-VID-Strategie Chinas wirbeln die Wirtschaft - vorsichtig ausgedrückt - durcheinander.
Deutscher und europäischer Schrottaußenhandel 2021
Interessant und eher ungewöhnlich war im vergangenen Jahr die Entwicklung des Außenhandels. Während die Importe deutlich angestiegen sind, verharrten die Exporte auf dem gleichen Niveau jeweils bezogen auf 2020.
Deutschland
Nach den vom bvse ausgewerteten Daten des Statistischen Bundesamtes zum Schrottaußenhandel mit Stichtag 26.06.2022 importierte Deutschland im vergangenen Jahr knapp 5 Mio. Tonnen Schrott und damit über 25 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Gleichzeitig stiegen die Exporte nur leicht um 0,9 Prozent auf 8,706 Mio. Tonnen. Der Außenhandelsüberschuss sank von 4,653 Mio. Tonnen auf 3,634 Mio. Tonnen. In den Daten spiegelt sich der hohe Schrottbedarf der Inlandswerke wider, der im Jahr 2021 zu einer Importerhöhung um fast 1 Mio. Tonnen geführt hat. Vor dem Hintergrund der von der EU durch die deutsche und europäische Stahlindustrie geforderten Schrottexportbeschränkungen eine bemerkenswerte Tatsache.
Die wichtigsten Lieferländer waren die Tschechische Republik gefolgt von den Niederlanden, Polen und Frankreich mit insgesamt 3,202 Mio. Tonnen gelieferten Mengen, was einem Lieferanteil an den gesamten Importmengen in Höhe von 64,4 Prozent entspricht.
Die wichtigsten Abnehmer der deutschen Schrotte waren die Niederländer, gefolgt von den Italienern, den Luxemburgern und den Belgiern mit insgesamt 5,669 Mio. Tonnen und einem Anteil an den gesamten Exporten in Höhe von 65,6 Prozent.
Der innereuropäische Handel spielt für die deutsche Schrottwirtschaft eine bedeutende Rolle. Der Anteil liegt bei über 80 Prozent, wobei die Lieferungen in Drittländer über die ARAG-Häfen in der Außenhandelsbilanz als innereuropäische Exporte gewertet werden. Die Ausfuhren in die Türkei sind mit 718.000 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr um rund 18 Prozent gestiegen. Die türkischen Stahlwerke waren mit dieser Menge der fünftgrößte Absatzmarkt für den deutschen Schrott.
EU (27)
Im europäischen Schrottaußenhandel waren ebenfalls die gestiegenen Importmengen im Vergleich zum Vorjahr auffällig. Sie sind im vergangenen Jahr, bezogen auf 2020, um 33,2 Prozent bzw. auf 5,452 Mio. Tonnen gestiegen. Hervorzuheben ist der gesteigerte Lieferumfang aus dem Vereinigten Königreich (+430.000 Tonnen), aber auch aus den USA (+285.000 Tonnen) und Venezuela (+217.000). Vor allem italienische und griechische Schrottverbraucher haben auf Importe aus diesen Ländern zurückgegriffen. Laut Informationen von Marktteilnehmern soll es sich um bestimmte Qualitäten handeln, die anscheinend im Binnenmarkt aus unterschiedlichen Gründen nicht zu beschaffen waren.
Ein besonders heikles Thema ist die anstehende Novellierung der europäischen Abfallverbringungsverordnung (VVA), da die EU-Kommission vor allem auf Wunsch der europäischen Stahlindustrie die Schrottexporte aus der EU in Drittländer beschränken will.
Eurofer hat als der Verbandsvertreter der europäischen Stahlhersteller dem europäischen Verordnungsgeber sehr deutlich gemacht, dass für die Erreichung der angestrebten CO2-Neutralität der Schrotteinsatz eine tragende Rolle spielt. Aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften wie CO2-Reduzierung, Energieeinsparung, Ressourcenschutz ist dieser Rohstoff aus dem Recycling von strategischer Bedeutung und sollte daher vorrangig der inländischen Industrie zur Verfügung stehen.
Im Rahmen ihrer angestrebten Nachhaltigkeitstransformation steigt für die Stahlhersteller die Bedeutung des Metallschrotteinsatzes. Bei der Beschaffung auf den Markt zu setzen, auf die bisher funktionierende Preisausgleichsfunktion zu vertrauen oder marktkonforme Anreize ins Spiel zu bringen, scheinen bei den Überlegungen der Hersteller offensichtlich, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Sie nutzten zudem geschickt die Skandale wegen illegaler Verbringungen von Kunststoffen in Drittländer, für die es dort gar keine Verwertungsmöglichkeiten gab, indem sie ihre Forderung nach Exportbeschränkungen mit Argumenten aus dem Kunststoffbereich untermauerten.
Dieses Vorgehen dient lediglich dazu, weltweit funktionierende Marktstrukturen zu zerstören, um günstige Beschaffungsmöglichkeiten zu bekommen. Die Außenhandelszahlen sprechen eine klare Sprache, denn Schrott ist ein international gehandelter Rohstoff, der zum direkten Einsatz in der Stahlschmelze bestimmt ist. Sein Preis bildet sich genau wie auf anderen Rohstoff-märkten durch den Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Diesen Mechanismus auszuhebeln hat für alle Beteiligten negative Folgen.
Im vergangenen Jahr konnte die ausgeführte Schrottmenge nochmals um 11,5 Prozent auf 19,464 Mio. Tonnen gesteigert werden. Das lag nicht daran, dass der europäischen Stahlindustrie Mengen entzogen wurden, sie wurden vielmehr nicht gebraucht. Wichtigster Abnehmer war wie schon in den vergangenen Jahren die Türkei, die gegenüber 2020 die Bestellmengen in Europa nochmals um 11,3 Prozent auf 13,110 Mio. Tonnen steigerte. Die Lieferungen in die Türkei machen 67,4 Prozent der Gesamtausfuhren aus der EU aus. Die größten Drittlandexporteure waren die Niederlande mit 4,667 Mio. Tonnen gefolgt von Belgien mit 3,142 Mio. Tonnen, Rumänien mit 1,396 Mio. Tonnen, Deutschland mit 1,276 Mio. Tonnen und Litauen mit 1,201 Mio. Tonnen.
NE-Metalle
Der NE-Metallhandel hat sich im Berichtsjahr 2021 ebenfalls überaus positiv entwickelt. Im Laufe des Jahres nahmen die Angebotssorgen der Produzenten zu, was sich in deutlich steigenden Preisen ausdrückte.
Vor allem die hohen Energiekosten verunsicherten die Marktteilnehmer und führten zum Beispiel in China zu einer staatlich angeordneten Drosselung der Aluminiumproduktion. Auch in Europa spielten die Preise für die energieintensiven Metallproduzenten eine entscheidende Rolle bei ihren Auslastungsszenarien. Sowohl in Europa als auch weltweit gab es immer wieder Meldungen über Produktionsdrosselungen, die den Preisen Auftrieb gaben. Die Altmetalle konnten entsprechend profitieren, da einige Hersteller verstärkt auf das Angebot des Altmetallhandels zurückgegriffen haben.
Schlussbemerkungen
Die wirtschaftlichen Ergebnisse im betrachteten Jahr 2021 waren für die Metallschrottwirtschaft erfreulich positiv. Dies war vor allem auf die im Jahresverlauf kontinuierlichen Absatzmöglichkeiten bei auskömmlichen Preisen zurückzuführen.
Die Preisentwicklung des vergangenen Jahres war das eine, das andere waren logistische Probleme, die viele Lieferanten und Verbraucher einschränkten. Niedrigwasser stoppte immer wieder die Transporte über die Binnenflüsse. Die seit Jahren bekannte Mangelverwaltung bei der Bahn bezogen auf die Anzahl der Waggons oder problemlos befahrbare Trassen lastete auf dem Bahntransport und der Fahrermangel machte sich beim Transport auf der Straße schmerzlich bemerkbar. Die Straßentransporte verteuerten sich nicht zuletzt durch die gestiegenen Spritkosten deutlich.
Finanziell belastend wirkten die über viele Jahre hinweg nicht ausreichend sanierten deutschen Bundesstraßen- und Autobahnbrücken. Notwendige Reparaturen oder Neubauten werden den Verkehrsfluss noch auf Jahre hinaus behindern und die Transporte verteuern. Auch die Anschaffung neuer Lkw war schwierig, denn die Produktion aller Fahrzeug-hersteller war unter der mangelhaften oder unmöglichen Beschaffung von elektronischen Bauteilen oder an-deren Bau- und Ersatzteilen erheblich beeinträchtigt. Die Folge waren überproportional stark ansteigende Lieferzeiten und es mussten darüber hinaus kräftige Preisaufschläge akzeptiert werden.
Eine große Anzahl Unternehmen der mittelständisch geprägten Metallschrottwirtschaft hat den erarbeiteten wirtschaftlichen Erfolg des vergangenen Jahres für Investitionen genutzt. Die Branche ist sich bewusst, dass sie ihren Teil beitragen muss, um das Ziel der angestrebten Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Sie nimmt die Herausforderungen an, die der ökologisch notwendige und politisch gewollte Umbau der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft mit sich bringt.
Gleichzeitig stellt sie sich mit ihren Investitionen in die Zukunft den aus der Transformation resultierenden steigenden Anforderungen in einem sehr wettbewerbsintensiven Marktumfeld. Hinzukommen ambitionierte gesetzliche Vorgaben für die Unternehmen, deren Umsetzungen alles andere als kostenneutral sind.
Die zur Deckung der entstehenden Kosten notwendigen Mittel wird die Branche erwirtschaften, denn im Gegensatz zu ihren Abnehmern kann sie nicht mit finanzieller staatlicher Unterstützung rechnen.
Die Schrottwirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zur angestrebten CO2-Neutralität der Stahl- und Gießereiindustrie zu leisten, indem sie ihre aufbereiteten Rohstoffe aus dem Recycling gemäß den von den Abnehmern vorgegebenen Qualitätsstandards zu Marktpreisen bereitstellt. Sie erwartet jedoch eine hinreichende Wertschätzung für die wichtigen Rolle, die sie in der Kreislaufwirtschaft spielt.
Eine Möglichkeit ist, dass sie am ETS-Handelssystem partizipiert. Denn mit den von ihr den Abnehmern bereitgestellten Schrottqualitäten werden zusätzliche CO2-Einsparungen erst möglich, die volkswirtschaftlich dem Lieferanten zuzurechnen sind. Die Branche wird sich gegen die von den Abnehmern geforderten, nicht marktkonformen Exportbeschränkungen für Metallschrotte zur Wehr setzen. Eine Einschränkung des freien Warenverkehrs mit Drittländern schadet im Übrigen den Anstrengungen zur weltweiten CO2-Reduktion, denn Schrott nutzt der Umwelt überall dort, wo er eingeschmolzen wird.
Autorin: bvse-Referentin Dipl.-Kfm. Birgit Guschall-Jaik