Elektrifizierung, Eigenstromnutzung und nachhaltige Transportlösungen – die Abfallwirtschaft nimmt Fahrt auf in Richtung Klimaneutralität. Beim Treffen des bvse-Ausschusses Technik, Logistik und Digitalisierung in Bad Gögging zeigten Fachleute aus Praxis und Industrie, wie Zukunftsthemen wie elektrisch betriebene Arbeitsmaschinen und der Gütertransport per Binnenschiff die Branche verändern.
Die Zukunft hat schon begonnen, aber sie steckt noch in den Kinderschuhen – so lässt sich der hochinteressante Vortrag von Benedikt Ostlender, Betriebsleiter des Entsorgungszentrums Warden der AWA Entsorgung GmbH, treffend umschreiben. Ostlender referierte beim bvse-Ausschuss Technik, Logistik und Digitalisierung im Rahmen eines Treffens bei der bvse-Jahrestagung in Bad Gögging über die Herausforderungen und Chancen beim Einsatz elektrisch betriebener Arbeitsmaschinen in der Abfallbehandlung.
Auf Einladung des Ausschussvorsitzenden Christian Kley (USB Bochum GmbH) schilderte Ostlender, dass der Umstieg auf alternative Antriebe durch die Vorgabe des AWA-Aufsichtsrates angestoßen wurde, bis 2030 Treibhausgas-Neutralität zu erreichen. Eine zentrale Maßnahme besteht darin, die bisher dieselbetriebenen Arbeitsmaschinen – etwa Gabel- und Teleskopstapler, Umschlagbagger, Radlader und Hakenlift-Lkw – im Zuge der turnusgemäßen Ersatzbeschaffung durch elektrobetriebene Varianten zu ersetzen.
Die Marktrecherche habe gezeigt, dass elektrische Maschinen mittlerweile weitgehend serienmäßig verfügbar sind. Allerdings müsse mit einem Mehrpreis von rund 25 bis 35 Prozent gerechnet werden. Ostlender betonte, dass es dabei nicht nur um die reine Ersatzbeschaffung gehe. Vielmehr sei für jede Maschine eine prozessbezogene Einsatzanalyse erforderlich. So müsse beispielsweise ein Umschlagbagger möglichst ortsfest genutzt werden. Entscheidend seien hierbei die Anzahl und Lage der Betriebspunkte sowie die sogenannten Zwangspunkte bei der Energiezuführung. All das müsse beachtet werden, um einen reibungslosen und effizienten Betriebsablauf gewährleisten zu können.
Deutlich wurde, dass sich die Wirtschaftlichkeit elektrischer Alternativen insbesondere durch Eigenstromnutzung erreichen lässt. Beim Bezug von Netzstrom müsse dagegen mit einer rund zehnprozentigen Kostensteigerung gegenüber dem Dieselbetrieb gerechnet werden. Ein weiterer zentraler Aspekt sei das Energiemanagement, um teure Lastspitzen zu vermeiden, die durch den gleichzeitigen Betrieb mehrerer Großverbraucher – etwa von Zerkleinerern und E-Umschlagbaggern – entstehen können. Hierfür seien leistungsstarke Speicherlösungen notwendig.
Ausschussvorsitzender Christian Kley dankte Benedikt Ostlender herzlich für seinen informativen und praxisnahen Vortrag. Er hob hervor, dass die Elektrifizierung zwar kein Selbstläufer, aber auch kein unlösbares Problem sei. Entscheidend sei die strategische Ausrichtung des Betriebs, um neben den Klimazielen auch die Wirtschaftlichkeit sicherzustellen. Klar sei: Die Elektrifizierung von Arbeitsmaschinen ist ein Zukunftsthema, mit dem sich die Branche intensiv auseinandersetzen muss.
Ein weiteres Schwerpunktthema des Treffens war die nachhaltige Logistik – insbesondere der Gütertransport mit dem Binnenschiff.
Denn: Kreislaufwirtschaft braucht nachhaltige Logistik, und das Binnenschiff spielt dabei eine bedeutende Rolle. In der Kreislaufwirtschaft fungiert die Logistik als Bindeglied zwischen Produktions-, Recycling- und Verwertungsstätten. Bei dem Treffen des bvse-Ausschusses Technik, Logistik und Digitalisierung zeigte Carolin Weichmann, Kühne+Nagel Euroshipping GmbH, auf, welche wichtige Rolle das Binnenschiff übernehmen kann, um nachhaltige Transportlösungen zu ermöglichen.
In ihrem Vortrag betonte Weichmann: „Das Binnenschiff bietet als nachhaltiger Transportträger für Sekundärrohstoffe noch große Potenziale und lässt sich sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll in die Kreislaufwirtschaft integrieren.“ Dabei übernehmen die Häfen eine Schlüsselfunktion als Drehscheiben der Abfalllogistik, einschließlich Flächen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), die als Zwischenlager genutzt werden können.
Natürlich bestehen auch hier Herausforderungen – etwa durch Niedrigwasserphasen oder Infrastrukturdefizite. Doch Weichmann machte deutlich, dass Unternehmen wie Kühne+Nagel Euroshipping, mit ihrer langjährigen Erfahrung im Abfallsektor, einem starken QSHE-Management und einem internationalen Netzwerk, praxisnahe und nachhaltige Lösungen bieten. Dazu gehören der Einsatz von HVO100 als alternativer Kraftstoff sowie eine effiziente Transportauslastung.
Das Potenzial des Binnenschiffs in der Kreislaufwirtschaft liegt darin, die Nachhaltigkeit von Transportprozessen deutlich zu steigern und damit einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele zu leisten. Um diese Ziele gemeinsam zu verwirklichen, engagiert sich Kühne+Nagel Euroshipping aktiv als Mitglied im bvse.
Mit den vorgestellten Ansätzen – von der Elektrifizierung der Abfallwirtschaft bis zur nachhaltigen Logistik über das Binnenschiff – wurde in Bad Gögging deutlich: Die Zukunft der Branche hat längst begonnen. Doch sie verlangt Mut, Innovation und strategische Weitsicht, um die Chancen neuer Technologien konsequent zu nutzen.