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In einem Urteil stellte der Europäische Gerichtshof klar, dass die EU-Richtlinie über Industrieemissionen bei der bloßen Verlängerung der Betriebsdauer kein neues Genehmigungsverfahren voraussetzt.

In diesem Fall verpflichtet die Richtlinie über Industrieemissionen die Mitgliedstaaten weder, der betroffenen Öffentlichkeit eine Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen, noch, ihr ein Recht auf Zugang zu gerichtlichen Überprüfungsverfahren zu gewährleisten, um die Rechtmäßigkeit dieser Verlängerung anzufechten.

Hintergrund des EuGH-Verfahrens

FCC Česká republika betreibt aufgrund einer im Jahr 2007 erteilten Genehmigung eine Abfalldeponie im Stadtbezirk Praha-Ďáblice (Tschechische Republik). Ende 2015 beantragte FCC Česká republika bei der Stadt Prag, das für das Betriebsende vorgesehen Datum, das auf den 31. Dezember 2015 festgelegt war, zu verschieben.

Die Stadt Prag gab diesem Antrag statt und verschob das Datum für das Ende der Deponierung auf den 31. Dezember 2017. Der Stadtbezirk Praha-Ďáblice und der Spolek pro Ďáblice, eine tschechische Umweltschutzvereinigung, legten beim tschechischen Umweltministerium Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Das Umweltministerium wies die Beschwerde mit der Begründung, dass die Beschwerdeführer nicht Beteiligte des Verfahrens der Änderung der Betriebsgenehmigung seien, als unzulässig zurück.

Die Beschwerdeführer fochten die Entscheidung des Ministeriums vor den tschechischen Gerichten an und machten geltend, dass die Verlängerung des Betriebsdauer der Deponie eine wesentliche Änderung darstelle, die nach der Richtlinie über Industrieemissionen ein Recht auf Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit begründe.

Das im Stadium des Rechtsmittels mit dem Rechtsstreit befasste tschechische Oberste Verwaltungsgericht fragt den Gerichtshof, ob die bloße Verlängerung des Betriebszeitraums der Deponie, ohne dass der genehmigte maximale Umfang der Anlage oder die Gesamtkapazität dieser Anlage geändert würden, eine wesentliche Änderung der Betriebsgenehmigung der Anlage im Sinne der Richtlinie darstellt.

Urteilsbegründung

Mit seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass nach der Richtlinie eine wesentliche Änderung einer Anlage zum einen ihre Erweiterung und zum anderen die Änderung ihrer Beschaffenheit oder ihrer Funktionsweise ist, soweit diese erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben können.

Der Gerichtshof stellt fest, dass die bloße Verlängerung des Betriebszeitraums einer Abfalldeponie nicht für sich genommen den Umfang der Anlage oder die Lagerkapazität, wie diese in der ursprünglichen Genehmigung vorgesehen war, ändert und somit keine Erweiterung der Anlage darstellt. Auch die bloße Verlängerung des Zeitraums der Ablagerung stellt keine Änderung der Anlage, sei es ihrer Beschaffenheit oder ihrer Funktionsweise, dar. Denn da die Richtlinie nicht vorschreibt, dass die ursprüngliche Genehmigung eine Betriebsdauer vorzusehen hat, kann sie nicht verlangen, dass die bloße Verlängerung des Betriebs einer neuen Genehmigung bedarf.

Folglich stellt die bloße Verlängerung des Betriebszeitraums einer Abfalldeponie keine wesentliche Änderung ihrer Betriebsgenehmigung dar. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, vom Betreiber einer Deponie zu verlangen, dass er eine neue Genehmigung beantragt, wenn er nur eine solche Verlängerung innerhalb der Grenzen der bereits genehmigten Gesamtlagerkapazität beabsichtigt. In einem solchen Fall verleiht die Richtlinie der betroffenen Öffentlichkeit weder ein Recht auf Beteiligung am Verfahren der Gewährung der Verlängerung, noch auf Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren, um die Rechtmäßigkeit dieser Verlängerung anzufechten.

EuGH-Urteil vom 02.06.2022

Rechtssache C‑43/21

Hier: Volltext des Urteils




 

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