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Auf Betreiben der durch avocado rechtsanwälte vertretenen Drekopf Recyclingzentrum Essen GmbH hat das Bundesverwaltungsgericht am 23.02.2018 zwei für Privathaushalte wie die Entsorgungsbranche äußerst wichtige Entscheidungen getroffen.

Konkret hat das oberste deutsche Verwaltungsgericht mit seinen Urteilen vom 23.02.2018 (7 C 9.16 und 7 C 10.16) klargestellt, dass Sperrmüll kein „gemischter Abfall“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 Kreislaufwirtschaftsgesetz („KrWG“) ist und damit im Rahmen gewerblicher Sammlungen eingesammelt und verwertet werden darf.

Außerdem haben die Richter aus Leipzig den Status von Bestandssammlungen insgesamt gestärkt, indem sie festgestellt haben, dass die bloße Fortführung einer bereits vor Inkrafttreten des KrWG durchgeführten gewerblichen Sammlung von vornherein nicht geeignet ist, ein bestehendes Sammelsystem des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers wesentlich zu beeinträchtigen.

Sperrmüll ist kein „gemischter Abfall“

Anders als der vorliegend beklagte Ennepe-Ruhr-Kreis und das OVG Münster in seinen mit der Revision angegriffenen Urteilen erachtet das Bundesverwaltungsgericht den Wortsinn des Begriffs „gemischte Abfälle“ als offen. Es müsse daher nach dem Sinn und Zweck der Regelung und in diesem Zusammenhang maßgeblich auch auf die – umfassend dokumentierte – Gesetzeshistorie geschaut werden. Gerade aus der Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG lasse sich aber deutlich ableiten, dass die unbeschränkten Überlassungspflichten an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nur für gemischte Siedlungsabfälle der AVV 20 03 01 (also Haushaltsabfälle in der Schwarzen bzw. Grauen Tonne), nicht aber auch für Sperrmüll und andere gemischte Wertstofffraktionen gelten solle.

Keine wesentliche Beeinträchtigung des örE durch Bestandssammlungen

Weiter hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass er keinen Raum für die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung eines öffentlich-rechtlichen Sammelsystems erblicken könne, wenn und soweit es um die bloße Fortführung einer bereits vor Inkrafttreten des KrWG durchgeführten gewerblichen Sammlung gehe. Das öffentlich-rechtliche Sammelsystem habe sich schließlich im Rahmen entsprechender bestehender Sammlungen entwickelt und sei folglich darauf eingestellt. Aus denselben Gründen sei auch kein Anhaltspunkt für eine Gefährdung der Gebührenstabilität durch eine Bestandssammlung zu erkennen. Schließlich könne, wenn denn eine Vergabe der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsleistungen tatsächlich stattgefunden habe und mit einem Zuschlag beendet worden sei, auch nicht von einem „Unterlaufen“ einer öffentlichen Ausschreibung durch die Fortführung einer Bestandssammlung gesprochen werden.

Auswirkungen der Urteile auf die Branche

Der Geschäftsführer der Drekopf Recyclingzentrum Essen GmbH, Martin May, zeigt sich mit dem Ergebnis des Revisionsverfahrens hoch zufrieden und begrüßt die für die Branche wichtigen Klarstellungen zur Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen. Mit Spannung erwartet werden freilich noch die schriftlichen Urteilsgründe des Gerichts. Denn schließlich bieten die Urteile die Möglichkeit, gleich zu mehreren in der Praxis noch umstrittenen Fragen, einschließlich der Auslegung der Tatbestände „Gefährdung der Gebührenstabilität“ (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG) und „Erschweren oder Unterlaufen einer diskriminierungsfreien und transparenten Vergabe im Wettbewerb“ (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG), eindeutig Stellung zu beziehen. Der Verlauf der mündlichen Verhandlung gibt jedenfalls Anlass zu der Hoffnung, dass das Bundesverwaltungsgericht tatsächlich zu all diesen Fragen klare Positionen beziehen und damit den Rahmen der Zulässigkeit gewerblicher Sammlungen abschließend abstecken wird.

Vertreter der Drekopf Recyclingzentrum Essen GmbH

avocado rechtsanwälte (Köln): Markus Figgen und Dr. Rebecca Schäffer

Vertreter des Ennepe-Ruhr-Kreises

Gassner, Groth, Siederer & Coll. (Berlin): Linus Viezens

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