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Die Europäische Kommission hat festgestellt, dass Scania gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen hat. Scania hatte über 14 Jahre hinweg mit fünf anderen Lkw-Herstellern die Verkaufspreise für Lastkraftwagen abgesprochen und vereinbart, die Kosten für neue Technologien zur Einhaltung der strengeren Emissionsvorschriften an die Kunden weiterzugeben. Daher hat die Kommission eine Geldbuße von 880 523 000 EUR gegen Scania verhängt.

Im Juli 2016 hatte die Kommission in Bezug auf das Lkw-Kartell mit MAN, DAF, Daimler, Iveco und Volvo/Renault durch Erlass eines entsprechenden Beschlusses einen Vergleich geschlossen. Scania hatte sich im Gegensatz zu den anderen fünf Kartellteilnehmern gegen einen Vergleich mit der Kommission entschieden. Deshalb führte die Kommission ihre Untersuchung gegen Scania nach dem normalen Kartellverfahren durch. Zur Erläuterung des Kommissionsbeschlusses führte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus: „Mit dem heutigen Beschluss ist unsere Untersuchung zu einem langjährigen Kartell abgeschlossen. 14 Jahre lang wurden zahlreiche Güterkraftverkehrsunternehmen in Europa durch das Kartell beeinträchtigt.

90 % aller in Europa verkauften schweren und mittelschweren Lastkraftwagen werden von Scania oder einem anderen an dem Kartell beteiligten Lkw-Hersteller produziert. Da diese Lkw rund drei Viertel des europäischen Warenverkehrs auf dem Lande abwickeln, sind sie für die hiesige Wirtschaft von großer Bedeutung. Anstatt ihre Preise untereinander abzustimmen, hätten die Lkw-Hersteller miteinander konkurrieren sollen – auch im Hinblick auf Verbesserungen zum Umweltschutz.“

Die Güterbeförderung über die Straße bildet einen wichtigen Teil des europäischen Verkehrssektors, und dessen Wettbewerbsfähigkeit hängt von den Lkw-Preisen ab. Von dem heutigen Beschluss betroffen sind insbesondere die Märkte für die Herstellung mittelschwerer (zwischen 6 und 16 Tonnen) und schwerer Lastkraftwagen (über 16 Tonnen). Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Scania in Bezug auf die Herstellung von schweren Lkw
an einem Kartell beteiligt war, dem im Einzelnen Folgendes zur Last gelegt wird: Koordinierung der Bruttolistenpreise für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Unter dem Bruttolistenpreis ist der Herstellerpreis ab Werk zu verstehen. Diese Bruttolistenpreise dienen als Grundlage für die Preisbildung in der Lkw-Industrie. Diese Bruttolistenpreise dienen als Grundlage für die Preisbildung in der Lkw-Industrie. Für den Endpreis, den der Käufer schließlich für einen Lkw zahlt, werden diese Bruttolistenpreise an nationale und lokale Gegebenheiten angepasst.

Absprache des Zeitplans für die Einführung von Emissionssenkungstechnologien für mittlere und schwere Lastkraftwagen in Reaktion auf die zunehmend strengeren europäischen Emissionsnormen (von Euro III bis zur derzeit gültigen Abgasnorm Euro VI).

Weitergabe der Kosten für die Emissionssenkungstechnologien, deren Einführung zur Einhaltung der zunehmend strengeren europäischen Emissionsnormen (von Euro III bis zur derzeit gültigen Abgasnorm Euro VI) erforderlich war, an die Kunden.

Das 1997 gegründete Kartell erstreckte sich auf den gesamten EWR und hielt 14 Jahre, bis die Kommission 2011 unangekündigte Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der Unternehmen vornahm. Zwischen 1997 und 2004 verliefen die Absprachen unter den Mitgliedern der höchsten Führungsebene, wobei die Zusammenkünfte gelegentlich am Rande von Handelsmessen oder anderen Branchenveranstaltungen stattfanden. Hinzu kamen telefonische Kontakte. Ab 2004 wurde das Kartell über die deutschen Tochtergesellschaften der Lkw-Hersteller organisiert, und der Informationsaustausch vollzog sich generell auf elektronischem Wege. Über die gesamten 14 Jahre hinweg kreisten die Absprachen um die gleichen Punkte: Anhebung der Bruttolistenpreise, Zeitplan für die Einführung neuer Emissionssenkungstechnik und Weitergabe der damit verbundenen Kosten an die Kunden.

Einhaltung von Emissionsnormen
Die von der Kommission aufgedeckten Kartellabsprachen betrafen neue Emissionssenkungstechniken, deren Einführung durch die Umweltnormen Euro III bis Euro VI erforderlich wurde. Dabei vereinbarten die Hersteller insbesondere den Zeitplan für die Einführung neuer Techniken zur Anpassung an die jeweiligen neuen Emissionsklassen und die Weitergabe der damit verbundenen Kosten an die Kunden. Das Kartell diente jedoch nicht dem Ziel, die Einhaltung der neuen Emissionsnormen zu vermeiden oder Emissionswerte zu manipulieren. Einen Zusammenhang zwischen diesem Kartell und Versuchen oder Praktiken der Umgehung von Abgasreinigungsanlagen in  estimmten Kraftfahrzeugen (durch sogenannte Abschalteinrichtungen) konnte die Kommission nicht feststellen.

Mit dem Ende September gefassten Beschluss wird deutlich, wie wichtig ein funktionierender, wettbewerbsbasierter Markt für die Entwicklung und den Einsatz kostengünstiger Emissionstechnik ist, die in der kommenden
europäischen Strategie zur Förderung emissionsarmer Mobilität eine wichtige Rolle spielen soll.


Geldbußen
Die Geldbußen wurden nach der Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 festgesetzt. Bei der Festsetzung der Geldbußen trug die Kommission dem Umsatz von Scania mit schweren
Lastkraftwagen im EWR, der Schwere des Verstoßes, dem hohen Marktanteil aller beteiligten Unternehmen, der geografischen Reichweite des Kartells sowie seiner Dauer Rechnung. Scania hatte sich entschieden, im Rahmen der Untersuchung nicht mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Daher wird die gegen Scania verhängte Geldbuße weder auf der Grundlage der Kronzeugenregelung der Kommission von 2006 noch auf Basis der Vergleichsmitteilung aus dem Jahr 2008 reduziert.


Hintergrund
Die Kommission leitete die Untersuchung ein, als MAN unter Inanspruchnahme der Kronzeugenregelung die Existenz des Kartells offenlegte und einen Antrag auf Geldbußenerlass stellte. Im Januar 2011 nahm die Kommission unangekündigte Nachprüfungen bei den beteiligten Lkw-Herstellern vor. Im November 2014 sandte die Kommission ihnen eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die anderen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte schlossen einen Vergleich mit der Kommission, der mit einem Beschluss der Kommission vom Juli 2016 besiegelt wurde. Scania war von diesem Vergleichsbeschluss nicht betroffen. Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens sind Kartelle und andere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen untersagt.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu diesem Kartellfall auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission im öffentlich zugänglichen Register unter der Nummer 39824 veröffentlicht. Allgemeine Informationen über die Maßnahmen der Kommission gegen Kartelle finden sich auf ihrer Website unter der Rubrik Kartelle. Dort abrufbar ist auch eine Liste der zehn Kartellfälle, in denen die höchsten Geldbußen verhängt wurden. Über neue Beschlüsse im Bereich Wettbewerbspolitik informiert der elektronische Newsletter Competition weekly e-News.

Schadensersatzklagen
Alle Personen und Unternehmen, die durch das beschriebene wettbewerbswidrige Verhalten geschädigt wurden, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Schadensersatz kann auch dann gewährt werden, wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen mussten, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten.

Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung IP/17/3502 des Schadensumfangs finden Sie hier.

Internetplattform für anonymes Whistleblowing
Die Europäische Kommission hat ein Internetportal eingerichtet, über das Kronzeugen und sonstige Informanten anonym wettbewerbswidrige Praktiken melden können. Ein eigens dafür konzipiertes verschlüsseltes Mitteilungssystem, das eine wechselseitige Kommunikation ermöglicht, gewährleistet, dass die Anonymität der Informanten gewahrt bleibt. Das Whistleblower-Portal findet sich hier.

Quelle: Europäische Kommission

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