Die europäische „Strategy on Plastics in a Circular Economy“ sorgt in der Kunststoffrecyclingbranche europaweit für neuen Gesprächsstoff und erste Aktivitäten. Damit sich die Erfolgsgeschichte des Kunststoffrecyclings in Deutschland unter diesem neuen gesetzlichen Regelwerk auch in Zukunft weiter fortsetzen kann, hat der bvse-Fachverband Kunststoffrecycling einen Katalog mit 7 Kernforderungen erarbeitet, der sich an die unterschiedlichen Akteure in der Recyclingkette, die Politik, die Verwaltung, die Kommunen und die öffentlich-rechtlichen Entsorger, richtet.
Die Forderungen des Fachverbandes zielen zum einen darauf ab, Prozesse in der gesamten Recyclingkette neu zu überdenken und zu optimieren sowie technische, gesetzliche und finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine Steigerung von „Qualität vor Quantität“ zu erreichen. Darüber hinaus soll die Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung mit Werbe- und Öffentlichkeitskampagnen für die Vorzüge des Recyclings und seiner hochwertigen Produkte sensibilisiert und zur aktiven Steigerung der Erfassungsquoten durch Getrennthaltung animiert werden. An die öffentliche Hand geht der Appell zur Trendwende und der verstärkten Berücksichtigung von Recyclingprodukten bei Vergaben, während die Politik aufgerufen wird, das Abfallrecht nicht dem Stoffrecht zu unterwerfen, damit recyclingfähige Ströme nicht in die Verbrennung umgeleitet werden und somit der Kreislaufwirtschaft verloren gehen.
„Schon am Anfang der Kunststoffrecyclingkette, bei der Erfassung kunststoffhaltiger Abfälle, muss die Qualität im Fokus stehen. Hierfür sind die konsequente Getrennthaltung kunststoffhaltiger Abfälle an allen Anfallstellen, ob privat oder gewerblich, sowie der Schutz vor Schmutz- und Wassereintrag über die gesamte Logistikkette hinweg unabdingbar“, machte der Fachverbandsvorsitzende deutlich. Darüber hinaus solle geprüft werden, ob der Einsatz alternativer Sammelsysteme, beispielsweise mittels Wertstofftonne oder auf einem Wertstoffhof, zu einer Steigerung von Mengen und Qualitäten bei der Sammlung von Kunststoffabfällen beitragen könne.
Auch im weiteren Schritt der Recyclingkette, der Kunststoffsortierung, müsse sich die Qualitätsprämisse als oberste Zielsetzung durchsetzen. Neben der Erweiterung von Sortierkapazitäten müssen technische und rechtliche Voraussetzungen für eine gleichzeitige Steigerung der Qualitäten geschaffen werden. Zudem sollte es den Sortierern ermöglicht werden, wirtschaftlich auskömmliche, bilaterale Verträge mit den Kunststoffrecyclern zu schließen“, so Textor weiter.
Für nachhaltigen Recyclingerfolg sorgen im nächsten Schritt die Kunststoffrecycler, die für ihre kapitalintensiven Maschinen und Anlagen in Zukunft bessere Abschreibungsmöglichkeiten benötigen, um dringend benötigte Neu- und Ersatzinvestitionen zeitnah tätigen zu können. Zudem ist die Gesetzgebung gefragt, die Auflagen für die Genehmigungen und den Betrieb von Kunststoffrecycling-Anlagen, die vielen Menschen Beschäftigung bieten, in Zukunft zu erleichtern und somit Arbeitsplätze zu sichern.
Des Weiteren verlangt der bvse die konsequente Umsetzung der Vorschriften im Verpackungsgesetz, damit geeignete Bewertungskriterien für Verpackungen entwickelt und entsprechend bei der Lizenzierung Anwendung finden. Nur so kann, nach Meinung des Verbandes, ein recyclingfreundliches Produktdesign durchgesetzt werden.
Im Fokus des Forderungskatalogs liegt darüber hinaus der Ruf nach Verstärkung werbewirksamer und verbrauchernaher Aktionen, die das öffentliche Bewusstsein für die ökologischen und ökonomischen Vorteile von Recycling schärfen und mit Aufklärung zu höheren Sammelquoten mit qualitativ hochwertigerem Ergebnis führen. „Viel mehr Kunststoffe könnten anstelle in der Verbrennung, in der Sammlung und damit wieder in den Wertstoffkreislauf zurückgelangen, wenn mehr Bewusstsein für die Werthaltigkeit von Kunststoffabfällen in Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung geschaffen würde. Mit publikumswirksamen Kampagnen, die Verbrauchern verständlich erklären wie eine korrekte Trennung und Entsorgung von Leichtverpackungen funktioniert, könnte die öffentliche Hand einen wesentlichen Beitrag dazu leisten“, zeigte sich Dr. Dirk Textor überzeugt.
„Darüber hinaus benötigen wir eine Trendumkehr und zukünftige Vorreiterrolle der öffentlichen Hand in Bezug auf eine Vergabepraxis, in der hochwertige und vielseitig einsetzbare Recyclingkunststoffprodukte verstärkt berücksichtigt werden“, ergänzte der Fachverbandsvorsitzende. Hilfreich, sowohl für die öffentlichen, aber auch für private Vergabestellen, könne die Erstellung und Veröffentlichung von Recyclingproduktlisten auf entsprechenden neutralen Internetseiten sein. Entsprechend solle auch der Einsatz hochwertiger Recyclate weiter gefördert und der Einsatz limitierender Normungen auf ihre Berechtigung hin neu überprüft werden.
Zunehmend beschränkend wirken sich auch die Regelungen des Chemikalienrechts auf das Kunststoffrecycling aus. Durch das beständige Ausweiten von Stofflisten werden vorab schon ganze Stoffströme aus dem Recycling in die Verbrennung verschoben. Eine klare Forderung des bvse-Bundesverbandes besteht daher auch darin, dem Abfallrecht einen klaren Vorrang vor dem Chemikalienrecht einzuräumen.
Insgesamt müsse wieder mehr für das Kunststoffrecycling geworben werden – auch über Deutschlands Grenzen hinaus, plädierte Textor. Es gehe eben nicht nur um eine europaweite Limitierung von Deponien, sondern vor allem darum, für den Auf- und Ausbau von Strukturen zu werben, die das Sammeln von Abfällen, deren Aufbereitung und das Recycling ermöglichen.