In Zeiten geschlossener Restaurants wird häufiger in den eigenen vier Wänden gekocht und entsprechend fallen mehr Küchenabfälle für die Biotonne an.
Doch diese landen viel zu oft in der Restmüll- und nicht in der Biotonne. Statt in die Vergärung und Kompostierung gehen die Bioabfälle dann meist direkt in die Verbrennung und der Stoffkreislauf wird nicht geschlossen.
Eine aktuelle NABU-Analyse deckt zwei wesentliche Mängel der Bioabfallverwertung in deutschen Städten und Kreisen auf:
Erstens verfügt knapp jeder siebte Kreis über kein flächendeckendes Biotonnenangebot. 15 Kreise widersetzen sich noch immer der seit 2015 geltenden gesetzlichen Pflicht, Bioabfälle getrennt zu sammeln. Weitere 28 Kreise und Städte bieten ihren Bürgern statt einer Biotonne nur die Möglichkeit, die Bioabfälle zu einer zentralen Sammelstelle zu bringen. Die Folge sind niedrige Sammelmengen. „40 Prozent des Inhalts der Restmülltonne sind Bioabfälle. Dies hat nicht nur mit falscher Mülltrennung von Seiten der Bürger zu tun, sondern auch mit einem lückenhaften Angebot an Biotonnen“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Über drei Millionen Tonnen Bioabfälle jährlich landen somit fälschlicherweise im Restmüll.
Das zweite Problem ist, dass zu viele Städte und Kreise nur eine freiwillige Biotonne anbieten, die von den Bürgern extra bestellt werden muss. Die Konsequenz ist, dass wenige Haushalte eine Biotonne haben und die Sammelmengen dadurch niedrig sind. „Mit diesem Scheinangebot werden zwar auf dem Papier die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, in der Praxis jedoch oftmals pro Kopf jährlich weniger als zehn Kilogramm Bioabfall über die Biotonne gesammelt“, kritisiert Miller. „Dies liegt deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 60 Kilogramm. Das Potenzial für Klima- und Ressourcenschutz verpufft.“
Die Folge dieser Scheinlösungen und der Missachtung gesetzlicher Vorgaben ist, dass Schätzungen zufolge der bundesweite Anschlussgrad an die Biotonne nur 55 bis 60 Prozent beträgt. Das bedeutet, dass knapp die Hälfte der Haushalte keine Biotonne hat, um Küchen- und Gartenabfälle zu entsorgen.
Der NABU fordert daher eine bundesweite, flächendeckende Pflicht-Biotonne. Die Kompostierung im Garten kann als Ausnahme von der Pflicht gelten, sofern Gartenfläche und Kompostmenge in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen. Kommunen und Bundesländer sind gleichermaßen in der Verantwortung. „Städte und Kreise dürfen sich nicht weiter der Biotonne verweigern und müssen ernsthafte Sammelsysteme etablieren statt auf freiwillige Angebote oder Bringsysteme zu setzen“, sagt Michael Jedelhauser, NABU-Experte für Kreislaufwirtschaft. „Die Bundesländer sind befugt, rechtsaufsichtliche Maßnahmen gegenüber einzelnen Kommunen zu ergreifen. Hiervon müssen sie Gebrauch machen.“ Auch sollten die Länder in ihren Abfallwirtschaftsplänen ambitionierte Zielgrößen für getrennt gesammelte Bioabfallmengen festlegen.
Damit aber nicht nur mehr Biotonnen verteilt, sondern auch mehr Bioabfälle gesammelt und Fehlwürfe minimiert werden, braucht es eine kontinuierliche Abfallberatung durch die Entsorger und Kommunen. Denn oftmals ist das Wissen um die korrekte Mülltrennung gering. „Wem bewusst ist, warum der Abfall getrennt wird und warum man damit einen wichtigen Beitrag für Umwelt und Klima leistet, der trennt richtig und mit Überzeugung“, so Michael Jedelhauser.