Rotorblätter ausgedienter Windkraftanlagen, alte Funkantennengehäuse oder verschlissene Autokomponenten haben eines gemeinsam: Sie bestehen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) – einem Material, das bislang kaum recycelbar ist.
Die Folge: Ein Großteil der GFK-Abfälle landet auf Deponien, wird verbrannt oder als Zuschlagstoff in der Zementindustrie genutzt. Das verursacht nicht nur erhebliche CO₂-Emissionen, sondern führt auch zum Verlust wertvoller Rohstoffe wie Glas, Kunstharzen und integrierten Metallen.
Ein neues Forschungsprojekt könnte das ändern. Unter dem Titel Plas4Plas entwickeln das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP), die TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) und das Institut für Umwelt & Energie, Technik & Analytik (IUTA) ein innovatives thermisches Plasmaverfahren, das GFK-Abfälle bei extrem hohen Temperaturen von über 5.000 Grad Celsius in ihre Grundbestandteile zerlegt. Wichtiges Mitglied im Konsortium ist die TUBAF, die bereits seit Jahren auf Verfahren zur thermischen Rohstoffrückgewinnung spezialisiert ist.
Im Zentrum steht ein Plasma-Gasifizierungsprozess, der die Kunststoffe ohne Sauerstoffzufuhr aufschließt. Dabei entstehen verwertbare Glasfasern sowie ein Synthesegas aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Dieses Gas dient als Ausgangsstoff für zentrale chemische Produkte – darunter Methanol, Olefine, Ammoniak oder synthetische Kraftstoffe. Auch im Materialverbund enthaltene Metalle können separiert und zurückgewonnen werden.
„Aus Abfällen werden neue Grundstoffe für Kunstharze, Polyamide oder Glasfasern – ohne Qualitätsverlust“, sagt Dr. Ronny Schimpke vom Institut für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen der TU Bergakademie Freiberg. Projektleiter Professor Martin Gräbner betont zudem den Klimavorteil: „Unser Plasmaverfahren arbeitet komplett ohne Sauerstoffzufuhr. Wird es mit regenerativ erzeugtem Strom betrieben, lassen sich CO₂-Emissionen deutlich reduzieren und Kohlenstoffströme im Kreislauf führen.“
Derzeit analysiert das Forschungsteam Materialproben aus alten Windkraftrotoren und weiteren GFK-haltigen Abfällen. Eine speziell angepasste Versuchsanlage an der TUBAF soll die Recyclingfähigkeit der Stoffe unter realitätsnahen Bedingungen testen. Das Projekt läuft bis August 2029 und wird von der VolkswagenStiftung gefördert. Weitere Industriepartner aus der chemischen Produktion, der Entsorgungsbranche und der Windkraftindustrie unterstützen die Entwicklung.
Mit Plas4Plas entsteht ein Ansatz, der die industrielle Kreislaufwirtschaft um eine bislang ungelöste Komponente erweitern könnte – und damit sowohl ökologische als auch ökonomische Chancen für mehrere Branchen eröffnet.