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Von Eric Rehbock, bvse-Hauptgeschäftsführer

Es wäre leicht, den Vorzügen zum Einsatz von Faserbetonen im Betonbau vorbehaltlos stattzugeben. Zu schön sind doch die melodisch klingenden Schlagworte wie Ressourcenschonung, CO2-Einsparung, leichtes Bauen, tragfähiges Bauen oder nachhaltiges Bauen.

rehbockEs ist unbestritten das Brücken, Hochhäuser und viele andere Bauwerksformen, die in „klassischer“ Stahlbetonweise gebaut werden oder worden sind, nach einigen Jahren teuer instand zu halten sind und falls Schäden erkennbar oder gemessen werden, sehr aufwendig und somit kostenintensiv instandgesetzt werden müssen.

Die stählerne Bewehrung kann korrodieren und infolgedessen verliert Stahlbeton seine Standfestigkeit und um eben diese wiederherzustellen, bedarf es dann eben intensiver Sanierungsarbeiten. Aus diesem Grund werden nicht nur bei der Sanierung von Stahlbetonbauwerken, sondern auch schon beim Neubau (je nach Bauwerksform) seit Jahren die verschiedensten Arten von Beton und Faserbeton als Ergänzung oder zusätzlich eingesetzt. Dies dann durchaus mit dem entsprechendem Ergebnis und Erfolg.

Zu der Vielzahl der heute verfügbaren Faserbetone kommt ein neuer Faserbeton hinzu. Ein Faserbetonverbund aus Beton und Carbonfasern.

Der neuartige Beton-Verbundwerkstoff soll nicht nur deutlich widerstandsfähiger, langlebiger (ca. 200 Jahre) und ressourcenschonender sein, sondern zudem auch noch neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen.

Das Ziel ist klar definiert: bis 2030 sollen ca. 20% der Stahlbewehrungen im Stahlbeton durch Carbon ersetzt werden. Dazu stehen nicht geringe Fördergelder zur Fortentwicklung und Forschung zur Verfügung. Starthilfe für Carbonbeton gab auch bereits der mit 250.000 € dotierte Deutsche Zukunftspreis 2016.

Dabei stellt sich aber die Frage, was denn diesen Verbundbeton so auszeichnet?

Carbon bzw. die Carbonfaser oder Kohlenstofffaser (nicht zu verwechseln mit der Kohlefaser) ist eine industriell hergestellte Faser aus kohlenstoffhaltigem Ausgangsmaterial, das, angepasst an den Rohstoff, durch eine chemische Reaktion in graphitartig angeordneten Kohlenstoff umgewandelt wird. Diese Faser kann dann zu Garnen zusammengefasst, aufgespult und zu Halbzeugen z. B. Geweben, Geflechten etc. weiterverarbeitet werden. Als Kurzschnittfasern kann sie Polymeren oder eben Beton beigemischt und entsprechend verarbeitet werden. Beim Carbonbeton soll sie z. B. als Matte in den Beton eingelegt und von diesem vollständig umschlossen werden.

Eigentlich kein so neuer Ansatz, mit flexiblen Kunststofffasern und oder Matten einen Beton technisch zu optimieren, um dann durch dessen Kombination z. B. dünner oder hochfester bauen zu können.
Erinnert sei nur an das Thema Asbestbeton und die Auswirkungen, die sich aus dem Wunderbaustoff des 19. und 20. Jahrhunderts ergeben haben und der heute noch allgegenwärtig ist.

Carbon oder eine Carbonfaser ist derzeit, um es ganz klar zu sagen, kein Schadstoff wie Asbest. Das liegt schon am Durchmesser der einzelnen Fasern (Durchmesser Asbestfaser < 3 [μm], Carbonfaser ca. 5-9 [μm]).
Durch den heutigen Stand der Technik und der Forschung zur Arbeitssicherheit werden Gesundheitsgefahren durch jedwede Faser schon früh erkannt und durch entsprechende Schutzmaßnahmen eliminiert. Allerdings, auch das zeigt die Erfahrung, was heute noch „gut“ ist, kann morgen schon als Schadstoff identifiziert werden.

Beim mechanischen Bearbeiten von Carbon müssen allerdings schon seit Jahren, auch wegen der bitteren Asbest-Erfahrungen, die verschiedensten technischen Schutzmaßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit angewendet werden. Generell beschäftigt das Thema Fasern, egal ob „gebunden“ oder „frei“, heutzutage ganze Forschungs- und Wirtschaftszweige.

Da jeder Faserbeton im Grunde den gleichen technischen Regelungen unterliegt, ist natürlich auch die versprochene Nachhaltigkeit einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Im Rahmen von Nachhaltigkeitskonzepten, soll gegen den weiteren Raubbau an natürlichen Ressourcen (insbesondere fossiler Energieträger wie Öl) angekämpft werden. Im Bereich des energiesparenden Bauens soll dieses Ziel z. B. mit umfassenden Energie-Einsparmaßnahmen und der effektiven Nutzung erneuerbarer Energien erreicht werden.

Carbonbeton spart in jedem Fall Ressourcen, da durch den Einsatz von Verbundmaterialien weniger Beton verbaut werden muss (bei gleichen bautechnischen Eigenschaften). Ob dies dann auch bei der Gesamtbetrachtung der Nachhaltigkeit inklusive der Herstellung der Carbonfaser oder der Carbonmatte noch so festgestellt werden kann, sei dahingestellt.

Klar ist aber, dass zur Bewertung, ob ein Carbonbeton nachhaltig ist, auf jeden Fall seine Recyclingfähigkeit untersucht werden muss.

Der überwiegende Teil der heutigen Baustoffrecycling-Unternehmen verfügt schon über die notwendigen technischen und nicht zu vergessen sicherheitstechnischen Maßnahmen, Faserbetone so zu verarbeiten, das die sich freisetzenden unter Umständen schädlichen Staubschadstoffe nicht in der Umgebung freigesetzt werden.

Aber die gesetzlichen Hürden werden immer höher, immer schärfer müssen die Staubquellen gefasst, Umgebungen geschützt werden und das zum Teil weit über die geltenden technischen und sicherheitstechnischen Regeln hinaus. Entscheidend ist aber für das Betonrecycling, ob und wie die Fasern aus dem Beton rausgetrennt werden können. Ob dies mit der herkömmlichen Brech-, Sieb- und Sortiertechnik gelingen kann, ist fraglich.

Verbleiben die Fasern aber zu einem Großteil im Betonsplitt oder -schotter wird es große Probleme geben, für dieses Material neue Einsatzbereiche, zum Beispiel im Betonbau, Straßenbau, Erdbau und so weiter, zu finden.

Doch was nützt es, wenn das Material, das durch das Recycling von Faserbeton generiert wird, als Recyclingbaustoff nicht vermarktet werden kann?

Daher muss bei der Forschung für einen gut einsetzbaren Carbonbeton eben auch die praktikable Recyclingfähigkeit dieses neuen Baustoffs eine wichtige Rolle spielen. Damit Carbonbeton nicht nur theoretisch recycelt, sondern als einsatz- und konkurrenzfähiger Ersatzbaustoff auch tatsächlich eingesetzt werden kann.

Quelle:

Fachaufsatz zuvor schon erschienen im

ENTSORGA-Magazin: Nr. 4 - September 2017
dfv Mediengruppe

www.entsorga-magazin.de

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