Der bvse informiert den Mittelstand über Abfall, Sekundärrohstoffe, Recycling und Entsorgung.

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Der bvse-Fachverband Kunststoffrecycling veranstaltet jährlich den Internationalen Altkunststofftag. Die Tagung hat sich zum zentralen Treffpunkt der internationalen Kunststoffbranche entwickelt. Regelmäßig erleben hunderte Teilnehmer aus dem In- und Ausland hochkarätige Referenten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zu allen relevanten Themen rund um das Kunststoffrecycling.

Der 25. Internationale Altkunststofftag 2023 fand in diesem Jahr mit 360 Teilnehmern in Dresden statt. "Kunststoffrecycling in Bedrängnis", so lautete der Titel der diesjährigen Tagung.

Man spürte, der 25. Internationale Altkunststofftag fand in einer für die Kunststoffrecyclingbranche schwierigen Zeit statt. Dementsprechend war der Informationsbedarf hoch und die Gespräche intensiv. Vorträge, Statements und Bilder aus den verschiedenen Foren, Workshops und Sitzungen finden Sie hier:

Tagungsseite

Bericht über die Tagung:
Klimafreundliche Recyclate werden aus dem Markt gedrängt

"Der Markt für Altkunststoffe und Recyclate steckt in einer tiefen Krise. Die Nachfrage ist niedrig, die Produktion wird eingeschränkt oder stillgelegt und der Lagerbestand wächst stetig", erklärte Dr. Dirk Textor, Vorsitzender des bvse-Fachverband Kunststoffrecycling, Anfang Juni beim 25. Internationalen Altkunststofftag.

Mehr als 360 Teilnehmer kamen am 6.-7. Juni 2023 nach Dresden und die Sorgenfalten der Recyclingexperten waren nicht zu übersehen.

0620 textor bvseIm Pressegespräch berichtete Dr. Dirk Textor von einem brutalen Preiskampf, der zwischen Neuware und Kunststoffrecyclaten tobe.

Derzeit verdränge die billige Neuware die Recyclate auf allen Ebenen. Der Absatz von Mahlgütern, Regranulaten und Compounds stockt. Textor: "Die Kunststoffrecycler laufen im Input mit Verarbeitungsware voll und finden für ihre Produkte im Warenausgang keine Abnehmer."

Eine Besserung dieser fatalen Situation ist derzeit nicht in Sichtweite. Man befürchtet, dass der dauerhafte wirtschaftliche Betrieb der Recyclinganlagen kaum noch möglich ist.

eric rehbock kuta dresdenbvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock wies in seiner Eröffnungsrede auf den eklatanten Nachfrageeinbruch nach Recyclaten hin, der die Recyclingunternehmen in große Bedrängnis bringe. Er bezeichnete es als "kapitalen Fehler" der kunststoffverarbeitenden Industrie, "diese schwierige Situation zu nutzen, um Recyclate auszulisten".

"Billige Neuware mit großem CO2-Rucksack verdrängt die klimafreundlichen Recyclate. Wie soll unter diesen Voraussetzungen Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz vorangetrieben werden", fragte der bvse-Hauptgeschäftsführer unter Hinweis darauf, dass gerade eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie in Berlin erarbeitet werde.

Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (kurz NKWS) umfasst acht Handlungsfelder: Fahrzeuge und Batterien, Metalle, Gebäude, IKT und Elektrogeräte, Zirkuläre Produktionsprozesse, Bekleidung und Textilien, Öffentliche Beschaffung und natürlich Kunststoffe. Laut Rehbock ist der bvse in allen Handlungsfeldern aktiv eingebunden und versucht alles, um Hemmnisse in den einzelnen Stoffströmen der Kreislaufwirtschaft aufzuzeigen und Lösungen zu erarbeiten, die ein Fundament für eine echte Kreislaufwirtschaft darstellen können.

Ein wichtiges Thema der Tagung war die Europäische Verpackungsverordnung, die derzeit in Brüssel diskutiert wird. Die politische Zielsetzung der EU-Kommission, einen hochwertigen und geschlossenen Recyclingkreislauf zu schaffen, in dem alle Verpackungen wirtschaftlich recycelt werden können, findet noch die Zustimmung der meisten Stakeholder.

Thomas ProbstJe mehr es jedoch ins Detail geht, desto hörbarer wird die Kritik. Insbesondere wird bemängelt, dass wichtige Aspekte nicht geregelt werden, sondern dass auf das Instrument der "delegierten Rechtsakte" verwiesen wird. bvse-Experte Thomas Probst sprach denn auch von einem Entwurf der vielen Fragezeichen.

So wies Probst im Rahmen des Pressegespräches darauf hin, dass in der Verordnung zwar viel die Rede von Recycling sei, aber es im Unklaren gelassen werde, ob hier das werkstoffliche Recycling gemeint ist oder ob die Zielhierarchie der Europäischen Union langsam, aber stetig durch neue Definitionen aufgeweicht werden soll. So sei es schon bemerkenswert, dass zum Beispiel die Regelungen zum Recycling von Lebensmittelverpackungen die Tür für das werkstoffliche Recycling mit lautem Knall zuschlägt.

Probst: "Das halten wir für einen schweren Fehler. Wir plädieren vielmehr dafür, Recyclate aus Lebensmittelverpackungen nicht nur im Food-Bereich, sondern auch für Non-Food Verpackungen und andere hochwertige Einsatzmöglichkeiten zugelassen werden. Auch der Non-Food Bereich garantiert, dass Verpackungen in nachhaltiger Weise recycelt werden."

KUTA 2 Podiumv.l.n.r.: Martin Engelmann, Dr. Christoph Epping, Gunda Rachut, Dr. Fritz Flanderka und Antoine StiloMartin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK-Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V., sprach sich gegen Recyclatquoten für kontaktsensible Kunststoffverpackungen aus, weil für diese Lebensmittelverpackungen noch keine zugelassenen Recyclate zur Verfügung stehen und die Nicht-Erfüllbarkeit der Vorgaben Vermarktungsverbote nach sich ziehen würde.

"Daher begrüßen wir den Vorstoß der federführenden Berichterstatterin im Parlament, Frédérique Ries, auf diese Quote zu verzichten. Auch der deutsche Bundesrat hat sich jüngst in diese Richtung geäußert", führte Engelmann aus.

MinDirig. Dr. Christoph Epping, Leiter der Unterabteilung „Ressourcenschutz, Kreislaufwirtschaft" im Bundesumweltministerium, hob in Dresden hervor, dass nun auf europäischer Ebene ein Regelwerk für Verpackungen entsteht. "Der entscheidende Impuls ist, dass wir eine europaweit geltende Verordnung bekommen. Mit dieser Verordnung haben wir erstmals die Möglichkeit, dass in das Design von Verpackungen eingegriffen werden kann. Für uns ist es natürlich wichtig, dass beim Design von Verpackungen die Recyclingfähigkeit geeignet abgebildet wird", erklärte er.

Diesen Ball nahm Gunda Rachut, Vorstand der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister, auf, die bedauerte, dass der Entwurf sich zu sehr auf die Materialart, vor allem Kunststoffe, fokussiere. "Es ist ehrlich gesagt egal, was das Hauptmaterial ist, denn es gibt beispielsweise eine Vielzahl faserbasierte Verbunde, die nicht recyclingfähig sind", so Rachut. Es komme vielmehr entscheident auf die Verpackungsgestaltung hinsichtlich der Recyclingfähigkeit an. "Wir müssen darauf schauen, ob die Verpackung recycelt wird", forderte Gunda Rachut.

Auf einen anderen Aspekt machte Antoine Stilo, Policy Advisor bei EuRIC, aufmerksam. Es sei wichtig, dass die Nachfrage nach Recyclaten gestärkt werde. "In dem Kontext sind verbindliche Mindesteinsatzquoten absolut notwendig", so der EuRIC-Vertreter. Bei aller Kritik wurde in der Diskussion jedoch auch deutlich, dass es "höchste Zeit ist, dass wir das einheitlich für Europa regeln", wie es Reclay-Geschäftsführer Dr. Fritz Flanderka ausdrückte, denn Verpackungen werden europaweit produziert, gehandelt und eingesetzt.

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