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Der KAS 25 Leitfaden ist intransparent, rechtswidrig, geht an der Realität der Entsorgungswirtschaft vorbei und belastet diese bis zur Existenzgefährdung“, so die Auffassung von sieben Verbänden der Recycling- und Entsorgungsbranche.

Das bvse-Forum Sonderabfall brachte deshalb die Beteiligten aus dem KAS-Arbeitskreis, dem BMUB und der Branche zum ersten Mal seit Veröffentlichung des Leitfadens an einen Tisch. Das Fazit: Es bestehen weiterhin große Differenzen, jedoch kündigt das BMUB eine Überarbeitung des KAS-Leitfadens an.

Mengengrenzen der KAS passen nicht – Recyclingbranche ist nicht Chemieindustrie

bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock brachte sein Entsetzen darüber zum Ausdruck, dass der Leitfaden ohne Kenntnis der betroffenen Kreise erarbeitet wurde. Hätte man die
Guido Schmidt (KS-Recycling) (Foto: bvse)

Branche einbezogen, wäre schon zu einem früheren Zeitpunkt klar geworden: „In den meisten Recyclingbetrieben gibt es keine Störfälle; das ist ein wesentliches Thema der chemischen Industrie. Man muss genau hinschauen und kann Regelungen nicht einfach übertragen. Und die wenigen Betriebe, die ein erhöhtes Gefährdungspotenzial aufweisen, fallen bereits unter die Störfallverordnung. Wir brauchen die KAS 25 also nicht!“

Dass der Leitfaden völlig an der Recycling- und Sekundärrohstoffbranche vorbei geht, untermauerte Guido Schmidt (KS Recycling) anschaulich: „Ein Störfall tritt beispielsweise ein, wenn eine Fläche von 10 Hektar (mehr als 10 Fußballfelder) geschädigt wird. Wie soll das bei einem Betrieb, der Altautos, Waschmaschinen oder andere Dinge des täglichen Gebrauchs demontiert, der Fall sein?“ Schon ab circa 145 Altautos werde ein Betrieb jedoch automatisch zum Störfallbetrieb umdeklariert. Dabei stünden auf vielen Supermarktparkplätzen deutlich mehr Autos.

Gefährdungspotenzial muss realistisch eingeschätzt werden

Rehbock fordert deshalb: „Es müssen einzelne gefährliche Stoffe und nicht der gesamte Input bewertet werden, um zu einer realistischen Einschätzung des Gefährdungspotenzials zu kommen. Man darf bei der Bewertung doch nicht vom Gewicht einer ganzen Waschmaschine ausgehen, wenn nur im Kondensator Kleinstmengen an gefährlichen Stoffen (deutlich unter 1 Prozent des Gesamtgewichts) enthalten sind.“

Oliver Ludwig (BMUB) wies die vorgebrachte Kritik am Verfahren der Leitfadenerstellung zurück, begrüßte jedoch die fachliche Kritik an der Einstufung einzelner Abfallschlüssel und kündigte eine Überarbeitung des Leitfadens an, in die nun auch die Verbände eingebunden würden. Aus Sicht der Branchenvertreter müssen diese Änderungen jedoch das Gesamtkonzept betreffen und dürfen sich nicht nur auf einige wenige Abfallschlüssel beziehen.

Recyclingbetriebe werden bereits hinreichend geprüft – kein Vollzugsdefizit

Die anwesenden Vertreter von BUND und BBU, die an der Erstellung des Leitfadens beteiligt waren, beharrten darauf, dass der Leitfaden ein angeblich seit 10 Jahren bestehendes Vollzugsdefizit schließe.

„Wer von einem 10jährigen Vollzugsdefizit spricht, verschließt seine Augen vor der Realität“, entgegnete Rehbock. „Unsere Mitgliedsunternehmen unterliegen bereits umfassenden gesetzlichen Regelungen und eine Gefahrenüberprüfung findet bereits im Genehmigungsverfahren nach BImSchG statt. Für Rechtsanwalt Dr. Olaf Konzak ist rechtlich nicht nachvollziehbar, dass allein aufgrund eines Klammerzusatzes im Anhang der Störfallverordnung alle im Chemikalien- und Stoffrecht einheitlich geltenden Ausnahmen für Abfälle „komplett über den Haufen geworfen werden“

Oliver Ludwig (BMUB) wiegelte ab, der Leitfaden sei doch lediglich eine Handlungshilfe für den Vollzug. „Aus Sicht Konzaks trifft dies jedoch nicht zu: „Der Hinweis auf die Unverbindlichkeit ist juristisch richtig, aber von praktischer Irrelevanz. Der Leitfaden hat faktische Wirkung: Wenn man ihn den Behörden an die Hand gibt, nutzen sie ihn auch.

Recycling wird diskreditiert und Entsorgungssicherheit gefährdet. Wenn der Leitfaden umgesetzt wird, bringt er durch die erheblichen Mehrkosten eine Branche in Gefahr, die doch gerade durch ihre Recyclingtätigkeit zum Umwelt- und Ressourcenschutz beiträgt und durch ihre mittelständische Struktur regional verwurzelt ist. Mit dem Stempel „Störfallbetrieb“ wird das Recycling jedoch diskreditiert und völlig unnötig Angst bei den Menschen und den Behörden geschürt, so Rehbock.

Das bestätigt auch Sandra Giern (BDE). Gefahren sieht sie weniger durch die Betriebe als vielmehr in Bezug auf die Entsorgungssicherheit: „Erste Kommunen ändern bereits ihre Bebauungspläne, so dass sich Störfallbetriebe nicht mehr ansiedeln dürfen. Wo sollen die Bürger denn dann in Zukunft noch ihre Leuchtstoffröhren abgeben?“

Auch die Aufforderung von Seiten des BBU, Daten zur Gefährlichkeit der einzelnen Abfälle zu liefern, um eine Neubewertung vorzunehmen, wurde von den Branchenvertretern mit dem Hinweis auf die Praxis zurückgewiesen: „Es ist doch absurd, ständig nachweisen zu müssen, dass etwas nicht in den Abfällen enthalten ist. Wie sollen das kleine und mittelständische Unternehmen noch bewältigen, die täglich viele Abfalllieferungen unterschiedlichster Zusammensetzung erhalten?“ fragte Schmidt.

Die Diskussion zeigte, dass Theorie und Praxis weit auseinanderklaffen und beim KAS-Leitfaden viele handwerkliche Fehler gemacht wurden, die in der Praxis wie ein Schildbürgerstreich anmuten. Konzak zog deshalb das Fazit: „Leitfaden einstampfen, Diskussion neu beginnen!“ An einer solchen neuen Diskussion wird sich der bvse konstruktiv beteiligten und fordert BUND und BBU auf, in der öffentlichen Debatte ein Mindestmaß an Fairness und Objektivität an den Tag zu legen.

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