Das EU-Parlament hat am 18.07.2024 auf Vorschlag der Staats- und Regierungschef der EU-Staaten Ursula von der Leyen erneut zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt. 401 Abgeordnete votierten für die CDU-Politikerin, 284 gegen sie. Es gab 15 Enthaltungen.
In ihrer Bewerbungsrede vor dem EU-Parlament stellte Ursula von der Leyen ihre politischen Leitlinien vor, die unter anderem eine „kreislauforientierte und widerstandsfähige Wirtschaft“ zum Thema hatte.
Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft
Von der Leyen betonte die Bedeutung der Dekarbonisierung als Teil der Umstellung auf ein nachhaltigeres Produktions- und Konsummuster, das den Wert der Ressourcen in der Wirtschaft länger erhält. Sie schlug ein „neues Gesetz zur Kreislaufwirtschaft“ vor, das darauf abzielt, eine Marktnachfrage nach Sekundärmaterialien zu schaffen und einen Binnenmarkt für Abfälle zu fördern, insbesondere im Hinblick auf kritische Rohstoffe. Obwohl die Wiederverwendung und Reparatur nicht explizit erwähnt wurden, zeigt dieser Vorschlag einen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Wirtschaft.
Zusätzlich kündigte von der Leyen ein „neues Chemikalienpaket“ an, das darauf abzielt, das bestehende Chemikalienrecht REACH zu vereinfachen und Klarheit über sogenannte „forever chemicals“ oder PFAS zu schaffen. Dieser Ansatz könnte als unternehmensfreundlicher interpretiert werden, da er auf Vereinfachung und Klarheit abzielt.
Fokus auf Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit
Die Sicherung von Europas Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit steht für von der Leyen an oberster Stelle. Der Green Deal wird in einen Clean Industrial Deal umbenannt und in einen umfassenderen Europäischen Wohlstandsplan eingebettet.
Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Vereinfachung und Beschleunigung der Unternehmenstätigkeit in Europa. Ein Dialog mit Interessengruppen sowie die Ernennung eines Vizepräsidenten für Umsetzung, Vereinfachung und interinstitutionelle Beziehungen sollen helfen, die Rechtsvorschriften zu vereinfachen, zu konsolidieren und zu kodifizieren. Dies entspricht dem Wunsch vieler EU-Stakeholder, insbesondere der Industrie, nach einem weniger komplexen, gestrafften Regelungsumfeld.
Pragmatismus und Innovation
Von der Leyen strebt ein starkes Europa an, das an den Zielen des Europäischen Green Deals festhält, jedoch mit mehr Pragmatismus und Innovation. Besonders auffällig ist, wie sich der Green Deal in ein Gesetz für eine saubere Industrie verwandelt. Dieses Gesetz soll Europa in die Lage versetzen, mehr in saubere und strategische Technologien sowie in energieintensive Industrien zu investieren und gleichzeitig die Energierechnungen zu senken.
Europäischer Fonds für Wettbewerbsfähigkeit
Ein neuer „Europäischer Fonds für Wettbewerbsfähigkeit“ wird vorgeschlagen, der vor dem nächsten europäischen Haushalt für 2028-2034 (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) eingeführt werden soll. Dieser Fonds konzentriert sich auf gemeinsame und grenzüberschreitende europäische Projekte zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, insbesondere zur Unterstützung des Clean Industrial Deal. Das Hauptziel ist die Entwicklung und Herstellung strategischer Technologien in Europa.
Unterstützung innovativer Unternehmen
Von der Leyen plant auch, einen neuen EU-weiten Rechtsstatus vorzuschlagen, um das Wachstum innovativer Unternehmen zu fördern. Diese „28er-Regelung“ soll Unternehmen in bestimmten Bereichen ein einfacheres, harmonisiertes Regelwerk bieten.
Herausforderungen durch China
Als Begründung für ihren Wohlstandsplan verweist von der Leyen auf die „aggressivere Haltung und den unlauteren wirtschaftlichen Wettbewerb aus China“. Sie betont die Gefahren von Abhängigkeiten und ausfransenden Lieferketten und verweist auf das Beispiel des chinesischen Monopols auf wichtige Rohstoffe für Batterien und Chips.
Mit diesen umfassenden Maßnahmen strebt Ursula von der Leyen an, Europas Position in der globalen Wirtschaft zu stärken und gleichzeitig nachhaltigen Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern.