Der Entsorgungsengpass bei HBCD-behandeltem Styropor spitzt sich in Deutschland immer weiter zu, wie der bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. meldet.

So werden aus den kommunalen Bereichen Baustillstände gemeldet, drastische Verteuerung bei Neubau- und Abbruchmaßnahmen ergeben sich zwangsläufig.

Angesichts dieser bestehenden Situation hat sich bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock erneut direkt an die Ministerinnen und Minister der Umwelt- und Wirtschaftsministerien der Bundesländer gewandt.

In dem Schreiben plädiert der bvse dafür, die vorgenommenen Änderungen der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) rückgängig zu machen. Dieser Vorschlag entspricht dem Regierungsentwurf zur Novellierung der Abfallverzeichnisverordnung, in dem derartige Abfälle als nicht gefährlich eingestuft sind.

Damit schließt sich der bvse der Auffassung des Bundesumweltministeriums und der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger an, welche sich ebenfalls dafür aussprechen, zur bisherigen Entsorgungspraxis zurückzukehren.

Alternativ verweist der bvse auf die Möglichkeit, eine Änderung über den Paragraphen 3 Absatz 3 der AVV zu erreichen. Auf dessen Grundlage kann in einer Einzelfallentscheidung (bezogen auf den spezifischen Abfall) von einer Regeleinstufung als gefährlicher Abfall abgesehen werden, wenn keines der Gefährlichkeitsmerkmale aus Anhang 3 der Abfallrahmenrichtlinie zutrifft. Dies ist nach einschlägiger Diskussion mit dem UBA bei den HBCD-Dämmstoffen der Fall.

In dem Schreiben fordert Rehbock die zuständigen Ministerien dringend auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Länder eine Entschließung zur entsprechenden Änderung der Abfallverzeichnisverordnung in den Bundesrat einbringen. Die Bundesregierung dürfte unseren Informationen zufolge einem entsprechenden Antrag zustimmen. Alternativ könnte die vorgenannte Einzelfallentscheidung nach § 3 Abs. 3 der AVV allgemeinverbindlich und länderübergreifend herbeigeführt werden.

Um zeitnah den entstandenen Engpass zu entzerren, schlägt der bvse darüber hinaus den Ländern folgende vier Maßnahmen vor:

  1. Bei der Handhabung von Gemischen sollte dem Vorschlag Niedersachsens und Sachsen-Anhalts gefolgt werden. Sofern in Vermischungen die HBCD-haltigen Dämmstoffe nur eine untergeordnete Rolle spielen, sind für das gesamte Gemisch die AVV-Schlüssel für nicht gefährliche Abfälle zu Grunde zu legen.

  2. Den Müllverbrennungsanlagen sollte genehmigt werden, die HBCD-haltigen Dämmstoffe im Gemisch mit anderen ungefährlichen Baumischabfällen unter Beachtung ihrer eigenen Annahmebedingungen in Volumenanteilen bis maximal 30 Prozent wie bisher als ungefährlichen Abfall (170904 oder 191212) thermisch zu verwerten, weil hierbei die Unterschreitung des HBCD-Grenzwertes von 0,1 % sicher gestellt wird.

    Monofraktionen, für die alleine der Schlüssel 170603 in Betracht käme, kommen in der Praxis so gut wie nicht vor. Im Altbau liegen diese i.d.R. als Wärmesystemverbunde ohnehin als Stoffgemisch vor. Beim Neubau sind die heute anfallenden Verschnitte HBCD-frei und könnten daher als 170604 mit den anderen Baustellenabfällen gemischt ebenfalls in den MVAs entsorgt werden.

  3. Entsorger sollten für die Annahme, den Transport, das Lagern und Behandeln von HBCD-haltigen Dämmstoffen ebenso weiterhin die jeweiligen nicht-gefährlichen AVV-Schlüssel (170302, 170604, 170904) in Anspruch nehmen können, sofern sie anteilsmäßig untergeordnet sind. Durch Vermischen von Verpackungen kann auch der Abfallschlüssel 150102 betroffen sein.

  4. Bis zur Entscheidung über eine Regeleinstufung, die die geordneten Entsorgungswege wieder zulässt, sollen sich öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Entsorger der Zwischenlagerung für kompaktierte Dämmmaterialien auf hierfür genehmigten Flächen für bis zu zwölf Monate bedienen können. Die Zwischenlagerung soll kongruent zu den Bedingungen erfolgen, die zum Auslaufen der Technischen Anleitung Siedlungsabfall zusammen mit der Abfallablagerungsverordnung gültig waren.