Im Januar 2021 hat die EU eine Plastikabgabe eingeführt. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) fordert von der Bundesregierung, das durch die Einführung der sogenannten Plastikabgabe entstehende "Gelegenheitsfenster" zu nutzen, um strukturelle Probleme der Kreislaufführung von Kunststoffen in Deutschland zu adressieren.

0119 HornbergIn einem Offenen Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze macht der Umweltsachverständigenrat deutlich, dass Kunststoffe eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften aufweisen und in Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Aufgaben erfüllen, beispielsweise bei die Verpackung von Lebensmitteln und Medizinprodukten.

Negative Effekte der Kunststoffnutzung wie Littering, Meeresverschmutzung und Mikroplastik in der Umwelt sind in der öffentlichen Diskussion bereits präsent. Mindestens ebenso problematisch sind die energieintensive Herstellung und die steigenden Mengen besonders kurzlebiger Kunststoffe, die zu einer ungünstigen Klimabilanz führen. Dazu tragen auch die geringe Rückführung in den Kreislauf und die Verbrennung nicht rezyklierter Kunststoffverpackungen bei, wie Claudia Hornberg als Vorsitzende des SRU in dem Schreiben aufführt.

Wie im Umweltgutachten 2020 ausgeführt, müssen daher nach SRU-Auffassung zwei Ziele im Vordergrund stehen: 1.) die Reduzierung der eingesetzten Kunststoffmengen, 2.) die kreislaufgerechte Gestaltung von Produkten.

Insbesondere sollten mittelständische Unternehmen bei der Umstellung auf kreislauffähige Produkte finanziell unterstützt werden, damit sie verstärkt innovative Lösungen in den Markt tragen können.

Ein anderer wichtiger Ansatz wäre, die Wettbewerbsfähigkeit von Recyclaten gegenüber Primärrohstoffen zu steigern. Dazu schlägt der SRU vor, die Energiesteuerbefreiung für fossile Energieträger, die nicht als Heiz- oder Kraftstoffe dienen, auslaufen zu lassen. Außerdem solle eine zusätzliche Besteuerung von Primärrohstoffen für die Kunststofferzeugung in Betracht gezogen werden.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen weist auch auf Hindernisse für weitere Anwendungsgebiete für Recyclate, zum Beispiel im Bereich der Produkt-Normung, hin. Diese sollten deshalb abgebaut werden. Zudem weist der SRU darauf hin, dass in 2021 der § 21 des Verpackungsgesetzes bewertet und gegebenenfalls überarbeitet werden soll. Nach Auffassung der Umweltsachverständigen sollten die Lizenzentgelte der dualen Systeme so ausgestaltet werden, dass sie einen stärkeren Anreiz als bisher geben, die Rezyklierbarkeit der verwendeten Recyclate und die tatsächliche Verwendung von Recyclaten zu forcieren.

Auf der europäischen Ebene solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Produktregulierung konsequent an den Anforderungen der Rezyklierbarkeit ausgerichtet wird.

Grundsätzlich sieht der SRU in der Gestaltung von Produkten den "Schlüssel für Veränderungen". Es sollte deshalb europäisch geregelt werden, dass Kreislauffähigkeit, Produktnutzen und Verbraucherschutz als gleichwertige Anforderungen an Produktentwicklung und -gestaltung gelten.

Zum Herunterladen
Offener Brief "EU-Plastikabgabe für eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft nutzen"